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Mach dir deine Zukunft doch selbst

Das Zukunftsinstitut – immer eine gute Adresse, wenn es um inspirierende Blicke in die Zukunft geht – legt in seinem „Zukunftsreport 2025“ den Schwerpunkt auf KI. Was können Sie daraus für Ihr touristisches Unternehmen ableiten? Ist KI wirklich die Zukunft? Wie sehen die Risiken aus? Wir haben uns für Sie durch die knapp 200 Seiten gearbeitet.

Stimmt’s? Unsere Zukunft sieht gerade nicht sehr rosig aus: Eine Krise jagt die nächste. Es geht mit dem Planeten auf allen Ebenen bergab. Dennoch gerät Nachhaltigkeit zunehmend aus dem Fokus. Bei der Gästeakquise spielen bio, regional oder schonender Ressourcenverbrauch heute eine geringere Rolle. Darum spricht auch der neueste „Zukunftsreport“ nur noch sehr selten von Nachhaltigkeit. Dafür viel lieber von Künstlicher Intelligenz. Das ist die Wunderwaffe der nahen und fernen Zukunft. Wirklich?

Baba, Zukunft?

„Öffentliche Debatten, unternehmerische Ratlosigkeit, überbordende Technologie-Hoffnungen und anhaltende Krisen sind deutliche Anzeichen dafür, dass die Zukunft als Orientierungspunkt verloren gegangen ist“, schreibt das Team vom Zukunftsinstitut Verena Edinger, Harry Gatterer, Christoph Kristandl, Julia Pöllmann und Marlene Strassmayr. Wenn das „Zukunftsforscher“ sagen, will das was heißen! „Es reicht nicht, eine Idee von der Zukunft zu haben. Es geht darum, konkrete Handlungen daraus abzuleiten. Wir nennen das Future Management. Dies geht über Change-, Innovations- oder Trendmanagement hinaus. Future Management bedeutet, die Sweetspots zu finden, an denen wir das Innenleben der Organisation mit der Außenwelt zu einem Gestaltungsraum verbinden. (…) Die Zukunft ist längst kein bloßer Raum für Inspiration oder Gedankenspiele mehr. Sie ist ein Handlungsraum.“

Um diesen Zukunfts- und Handlungsraum zu umreißen, lassen sie „Zeugen“ auftreten: Expertinnen und Experten, die meisten Beraterinnen und Berater, ab er auch ein paar WissenschaftlerInnen. Deren Schwerpunkt liegt auf der Künstlichen Intelligenz. Ohne KI geht scheinbar gar nichts mehr, nirgends, auch nicht im Tourismus. Aber stimmt das wirklich?

Schauen wir uns die Argumente der KI-Apologeten an. Um uns dann den Argumenten der KritikerInnen zuzuwenden – die im Report auch vorkommen. Wenn auch deutlich kürzer.

KI-Assistenten sind das große Ding

„Wir gehen davon aus, dass die Zukunft in der Technologie liegt…“, legt das Zukunftsreport-Team einladend dem ersten „Zeugen“ Prof. Dr. Dirk Stein die Rutsche. Der arbeitet in führender Position bei der amerikanischen Tech-Beratungsfirma QCI. „Wo vermuten Sie die Zukunft?“ Seine wenig überraschende Antwort: Bei der Künstlichen Intelligenz. Genauer: KI-Assistenten. „Die Digitalisierung hat uns unfassbare Datenmengen verschafft , jetzt müssen wir etwas damit anfangen, als Menschen sind wir dazu aber gar nicht in der Lage. Daher folgt der nächste Schritt: über Chatbots zu KI-Assistenten, die völlig neue Möglichkeiten der Kommunikation eröffnen. (…) Spannend und momentan technologisch noch ungelöst ist jedoch die Frage, wie verschiedene Assistenten untereinander kommunizieren werden, um einen nahtlosen Prozess zu schaffen.“

Dirk Stein

Gott sei Dank, könnte man einwenden. Wenn die erst „nahtlos“ miteinander kommunizieren und womöglich auch entscheiden – wo bleiben dann wir dummen, altmodischen Menschen? Für Prof. Stein kein Problem: „Wir werden künftig eigentlich nur noch mit Ergebnissen konfrontiert sein – und müssen entsprechend in der Lage sein, diese Ergebnisse kritisch zu hinterfragen. Die Anzahl autonomer Systeme wird exponentiell zunehmen und es ist jetzt schon so, dass künstliche Intelligenzen täuschen und tricksen.“

Na, Servus. Aber immer noch kein Problem für den Abgesandten von QCI: „Ich bin überzeugt, dass die beste KI jene sein wird, die man nicht als solche erkennt. Technologie wird durch immer bessere Integration und symbiotische Beziehungen zwischen Mensch und Maschine mehr und mehr in den Hintergrund treten. Empathie wird dabei zu einem wesentlichen Design-Faktor von Technologie.“

Wir dürfen also auf das Mitleid und Einfühlungsvermögen der KI hoffen: „Auch wenn solche Maschinen selbst keine echten Emotionen haben werden, so werden sie doch in der Lage sein, menschliche Emotionszustände aufgrund von Herzfrequenzmessungen und dergleichen wahrzunehmen und adäquat darauf zu reagieren. Nvidia hat für 2025 angekündigt, entsprechende KI-Chips auf den Markt zu bringen, um die dafür notwendigen aufwendigen Berechnungen massenmarktfähig zu machen.“

Prof. Stein hat – anders als andere – Europa bei der Entwicklung der KI noch nicht völlig abgeschrieben. Er hofft auf das Quantencomputing, da könne Europa noch mithalten: „In vielen Bereichen sind wir heute bereits in einer Omni Interaction und für mich stellt diese umfassende, permanente Vernetzung in Verbindung mit KI oder Augmented Reality eine Art Superkraft dar, die wir uns Menschen verleihen.“ Damit könne man dann endlich seine kaputte Kaffeemaschine selbst reparieren – angeleitet von der KI über eine Datenbrille. Das Beispiel bringt er wirklich… Um mal ganz praktisch zu bleiben…

Ansonsten geht er davon aus, dass der Wirtschaft weltweit gar nichts anders übrig bleiben wird, als voll auf KI zu setzen: „Nur so wird sich mit weniger arbeitenden Menschen das gleiche Pensum oder mehr leisten und Wohlstand sichern lassen.“ Um gleich zu drohen: „Wenn Ihr Unternehmen einen geringen Digitalisierungs- und Automatisierungsgrad aufweist, dann wird Folgendes passieren: Ihr Geschäfts- und Betriebsmodell wird entweder zusammenbrechen oder Ihre Produkte und Dienstleistungen werden so teuer, dass sie nicht mehr konkurrenzfähig sind und aus dem Markt verschwinden.“

Der CEO als KI!

Aber das ist noch nicht seine Pointe. Er möchte die „überforderten“ CEOs durch KI ersetzen: „Der CEO der Zukunft ist eine KI. Dieses Konzept nennt sich Artificial Leadership und wurde in der Wissenschaft von Prof. Dr. Tobias Kollmann etabliert. Das ist keine Science-Fiction, sondern bereits in einigen Unternehmen Realität, wenn auch in einem frühen Entwicklungsstadium. (…) Dort, wo Führungskräfte überfordert sind oder keine Zeit haben, können wir KI als Führungskraft einsetzen.“ Und tatsächlich werden im Zukunftsreport Firmen wie der chinesische Gaming-Konzern NetDragon Websoft oder der polnische Spirituosen Hersteller Dictador als Beispiele angeführt.

Sogar für den Tourismus kann sich das Stein vorstellen: „Hoteliers sagen mir beispielsweise, dass sie sich durchaus eine KI wünschen, die sie morgens über eine unvorhergesehene Nachfrage an Hotelbuchungen informiert, aber gleichzeitig sagt: ‚Keine Sorge, ich habe schon alles Notwendige eingeleitet und auch zusätzliches Personal geordert.‘

Wünschen Sie sich das auch? Oder geht es Ihnen eher wie den Menschen in diversen SF-Filmen, wo die KI im Smart Home das Kommando übernommen hat? Gar nicht zu reden von Raumschiffen wie selig (1968) „2001: Odyssee im Weltraum“. Remember HAL?

Aber wir seien eh längst so weit, sagt Stein: „Derzeit nutzen viele Mitarbeitende KI-Tools ohne das Wissen, die Genehmigung oder gar eine Strategie ihres Unternehmens. Der Einsatz findet also bereits verdeckt statt.“ Er nennt als durchaus einleuchtendes Beispiel die Geschäftsjahresplanung: „Sollen wir uns das Vorjahr ansehen und plus zehn Prozent draufpacken oder das eine KI durchrechnen lassen, die problemlos makroökonomische Effekte miteinbeziehen kann? (…) In der Bewältigung der Datenmenge sind Maschinen einfach überlegen, sie analysieren mehr und schneller.“

KI im Tourismus

Einleuchtend. Kann man auch in jedem Hotel oder Restaurant machen. Wird ja auch längst gemacht: Das Buchungssystem spuckt tagesaktuell dynamische Preise aus, auf die der Hotelier, die Hoteliére nicht mehr wirklich Einfluss hat (und auch nicht haben will). Und das Reservierungstool schmeißt den gesamten Dienstplan auf Wochen hinaus – fein abgestimmt auf Wetter, Feste und Personalstand. Dem Gast ist es egal, ob sein Zimmer ein Putzroboter oder ein Mensch reinigt. Und die süßen Androiden, die das Essen im Restaurant bringen und die Tische abräumen, erfreuen nicht nur Kinder. KI im Tourismus? Kein Problem. Aber muss der Hoteldirektor deshalb auch zur KI werden?

Böse Regelwut der EU…

Doch dann wird der Professor vom QCI-Konzern aus Iowa politisch: „Ich bin grundsätzlich ein großer Freund davon, erst über die Chancen zu reden und dann über die Risiken. Als Europa haben wir beispielsweise mit dem AI-Act die künstliche Intelligenz früh sehr stark reguliert, die neuen EU KI-Haftungsvorschriften legen noch einmal weitere Regeln nach. Bei der Erfindung des motorbetriebenen Automobils 1886 war das anders. Man hat in der Folge abgewartet, wie sich der Verkehr entwickelt, und hat dann erst mehrere Jahrzehnte später mit der Einführung der Straßenverkehrsordnung den automobilen Straßenverkehr sinnvoll reguliert. Meiner Meinung nach hätte man auch die Entwicklung von KI erst noch mehrere Jahre laufen lassen können, mit der Option, im Zweifel doch direkt einzugreifen. Durch die starke Regulierung wird Innovation sowie Chancenergreifung natürlich ein Stück weit hinausgedrängt – im wahrsten Sinne des Wortes – in andere Regionen der Welt. Apple AI ist mit der Einführung des iPhone 16 für alle Menschen auf der Welt verfügbar – nur nicht für uns EU-Bürger. Die aktuelle EU-Politik schneidet uns EU-Bürger von den technologischen Entwicklungen in der Welt einfach ab.“ Mittlerweile dürfen auch wir Europäer auf einen roten Knopf für den Assistenten am Handy drücken. Solche Geräte wurden Anfang März 2025 auf dem Mobile World Congress in Barcelona vorgestellt.

Ich bin kein KI und auch kein Auto- und Verkehrsexperte: Aber ich finde, der Vergleich mit dem Auto hinkt ganz gewaltig. Selbst um 1910 konnte man vermutlich die Daimlers und Opels noch an einer Hand abzählen. Aber die KI würfelt unser Leben, unsere Wirtschaft und vermutlich auch unsere Politik schon jetzt gehörig durcheinander. Es gibt sogar schon eine neue Kunstform made by KI: Slope.  In der Schweiz gilt eine automatisierte Zu- oder Absage für ein erstes Bewerbungsgespräch NICHT als „vollautomatisierte Entscheidung“. Was denn sonst?  Der Google-Gründer Sergey Brin fordert im März 2025 von den MitarbeiterInnen von Googles DeepMind, also der KI-Schmiede des Konzerns, ab jetzt mindestens 60 Stunden pro Woche zu arbeiten. Der Wettbewerb um KI-Anwendungen und vor allem eine AGI, also eine Artificial General Intelligence, die klüger ist als der Mensch, habe sich so stark intensiviert, dass voller Einsatz gefragt sei. Berichtet die NYT. Google steht gerade im Abwehrkampf gegen OpenAI, das mit ChatGPT das Geschäftsmodell von Google bedroht (siehe KI-Assistenten).

Einfach machen lassen? Das hätten die großen (amerikanischen!) Tech-Konzerne gerne. Deshalb laufen sie ja gerade mit Hilfe der amerikanischen Politik Sturm gegen Europa – im Namen der „Meinungsfreiheit“. Unter „Regeln“ verstehen diese Leute „Zensur“.

Endgültig schellen die Alarmglocken, wenn Prof. Stein zugibt: „Vor dem Hintergrund autonomer Systeme, die mit Information versorgt werden müssen, werden zukünftig im Cyber-Raum KIs gegen KIs kämpfen und versuchen, sich gegenseitig auszutricksen und sich gegebenenfalls eliminieren. Diese Trends können Sie in den Geschäftsberichten von Airbus und anderen Unternehmen der Branche nachlesen und sind kein Geheimnis.“

Einfach laufen lassen? Echt jetzt, Herr Professor?

Erste kritischen Einwände

Alexander Thamm ist ein führender deutscher Unternehmer und Vordenker im Bereich Daten und künstliche Intelligenz: Auch er sieht in der KI den „nächsten Durchbruch für die Menschheit“, ABER sie müsse „demokratisch eingesetzt werden“. Die Vielfalt der Unternehmen in Europa sei gefährdet. „Wir versuchen, uns im KI-Bereich durch Regularien wie den AI-Act und Datenschutzrichtlinien zu schützen. Aber die großen internationalen Tech-Firmen setzen ihren Kurs trotzdem durch. Gerade der Mittelstand, der Macht verteilt und große Bedeutung für soziale Marktwirtschaft und demokratischen Zugang zu Leistungen hat, ist gefährdet. Wenn es letztlich nur noch wenige relevante Firmen gibt, ist die Gefahr der zentrierten Macht hoch.“

Alexander Thamm

Deshalb machten wir es der KI schwer. Beispiele dafür seien das autonome Fahren und die dabei diskutierten ethischen Dilemmata in Gefahrensituationen. Aber selbst Thamm findet das übertrieben: „Dabei wird es selbst mit der dümmsten KI weniger Verkehrstote geben als mit betrunkenen Autofahrern.“

Er möchte uns beruhigen: „Tatsächlich ist die vermeintliche superschlaue KI – wie ChatGPT – technologisch relativ banal. Auf Basis einer großen Datenmenge wird kontextbasiert das nächste Wortschnipsel generiert. Wir brauchen keine Angst davor haben, dass KI an uns vorbei handelt, weil wir es sind, die diese Lernsysteme generieren. Wir sollten daher KI genauso verwenden wie alle anderen Werkzeuge.“

Wirklich? Wer programmiert denn diese Lernsysteme? Ich hätte beinahe mal für ein Unternehmen gearbeitet, dass genau das tut: Da schreiben freie Autoren für überschaubar viel Geld schlaue Texte, die dann die Basis für ChatGPT darstellen. Hätte ich mir vorstellen können. Recherchieren kann ich ja. Bis ich feststellte, dass mein künftiger Arbeitergeber in Holland zu einem russischen Konzern gehört…

Es geht um Gerechtigkeit, Macht und Mittelverteilung

Ein weiterer „Zukunftszeuge“ ist der Jun.-Prof Dr. Andreas Bischof von der Technischen Universität Chemnitz, der sich mit den Interaktionen von Technologie, Wissenschaft und Gesellschaft beschäftigt. Und er stellt endlich die entscheidende Frage: Die ist nämlich eigentlich nicht technischer Art. Sie drehe sich um „Gerechtigkeit, Macht und Mittelverteilung“: „Healthcare-Technologien beispielsweise wurden in den letzten Jahren sehr gefördert, aber man hat gesehen: Die Vorstellung vom weißen Roboter mit humanoidem Äußeren und zwei Armen, der Menschen anfasst, ist nicht die Lösung.“ In der Techniksoziologie gebe es Theorien dazu, wie sich Technik durchsetze und in der Gesellschaft ankomme. Bei allen Modellen gebe es eine Phase, wo ein Ausprobieren durch heterogene Akteure möglich sein muss. „Das Problem bei den großen digitalen Plattformen ist, dass dabei immer nur eine Art von Akteur die Macht hat: Jener, der ein wirtschaftliches Interesse am Erlös seines Produkts hat.“ So entstünden Monopole. Man denke nur an Open AI, Google oder Meta. Die teilen den KI-Kuchen unter sich auf. Genau das war übrigens bei der Einführung des Automobils anders.

Andreas Bischof

„Technologische Rahmenbedingungen fallen nicht vom Himmel“, sagt Bischof. „Die Art und Weise, unter der Technik entwickelt wird, muss selbst schon Teil dieser Auseinandersetzung sein. Es geht nicht um die Frage: Jetzt haben wir KI – was machen wir damit? Sondern um die Frage: Was für eine KI wollen wir eigentlich – und wie wollen wir sie entwickeln?“

Es gebe ja mittlerweile kein mittelständisches Unternehmen mehr, das nicht – mithilfe externer Beratung – Workshops mit seiner Belegschaft durchführe, um zu eruieren: Wie wollen wir in Zukunft arbeiten? Wie wollen wir die Büros gestalten? Welche Rolle soll KI im Arbeitsprozess haben? „Die Herausforderung liegt darin, dass wir extrem heterogene Kenntnisstände und Erwartungen rund um KI haben. Das kommt nicht aus der KI-Forschung, sondern aus Medien und Social Media. Eigentlich müsste man einen gemeinsamen Wissensstand über KI herstellen.“

Aber genau das passiert nicht. Weil uns die eigeninteressegeleiteten KI-Berater ununterbrochen die Vorteile der KI preisen. Und uns damit drohen, wenn wir zu skeptisch seien, würden wir einen Zug verpassen, auf den wir in wenigen Jahren nicht mehr aufspringen könnten. „Wir haben Angst vor der Ablösung des Menschen, vor der Gefährdung seiner Handlungsmacht und Autonomie“, sagt Prof. Bischof. „Viel wirkmächtiger als ChatGPT ist aber, wenn in einer bestimmten Standard-Software zum Beispiel eine automatisierte Textauswertung eingeführt wird. Derartiges schränkt die Handlungsmacht von Menschen in meiner Wahrnehmung potenziell mehr ein als die Vorstellung, dass ein Chatbot irgendwann Gefühle entwickeln würde – was nicht zu erwarten ist.“

Die Data-Literacy-Charta

Eben deshalb wurde in der EU die Data-Literacy-Charta formuliert. Zu den Unterzeichnern gehören neben zahlreichen deutschen und europäischen Institutionen auch die Stadt Wien seit 2020. Die Charta formuliert ein gemeinsames Verständnis von Fähigkeiten, Daten auf kritische Art und Weise zu sammeln, zu managen, zu bewerten und anzuwenden. Sie sehen darin den Schlüssel, Daten systematisch in Wissen zu verwandeln, „denn Datenkompetenz ermöglicht es Menschen, Unternehmen und Institutionen aktiv an Chancen der Datennutzung zu partizipieren, souverän und verantwortungsvoll mit eigenen und fremden Daten umzugehen sowie neue Treiber und Technologien wie Big Data, künstliche Intelligenz oder Internet of Things zur Erfüllung individueller Bedürfnisse, zur Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen und zur Lösung globaler Probleme zu nutzen.“

Dazu zählen fünf Leitprinzipien als Schlüsselkompetenzen für das 21. Jahrhundert:

  • Digitale Technologien sollen so gestaltet seien, dass sie Demokratie und Inklusion fördern. Also dass jeder daran teilnehmen kann.
  • Es müssen wirksame Vorschriften, Gesetze und Regeln festgelegt werden, die auf einem breiten Diskurs beruhen. Aber wo wird der gerade geführt?
  • Die Regulierungsbehörden MÜSSEN gegenüber Technologiemonopolen intervenieren. Auch wenn Musk, Zuckerberg und Vance „Zensur!“ rufen.
  • Entscheidungen, deren Folgen die individuellen oder kollektiven Menschenrechte betreffen können, müssen weiterhin vom Menschen getroffen werden. Trotz eines KI-CEO.
  • Es bedarf einer Vision für neue Bildungsinhalte, die Wissen aus den Geistes-, Sozial- und Ingenieurswissenschaften kombinieren.

Also alles Dinge, die GENAU DIAMETRAL dem widersprechen, was die US-Administration gerade unter Elon Musks Anleitung mit DOGE tut. Musk schickt seine KI-Spezialisten in alle Ministerien, um dort wahllos Leute zu entlassen und privateste Daten abzugreifen. Jeder Ansatz zur Durchsetzung von Diversität wird zurückgeschraubt. In den USA herrscht Wildwest beim Durchsetzen der KI und beim Umgang mit Daten, ALLEN Daten. So etwas wie die DSGVO der EU kennen die USA nicht. Und dort sitzen die großen Techkonzerne. Für die ist so etwas wie eine DSGVO oder eine Data-Literacy-Charta natürlich DER FEIND. Weil das schlecht für ihr Geschäft ist oder sein könnte. Deshalb schicken sie die KI-Apologeten zu uns, damit sie uns vom Gegenteil überzeugen.

Gefestigte Machtverhältnisse?

„Die Digitalisierung tendiert dazu, bestehende Machtverhältnisse zu festigen. Daten basieren häufig auf den Präferenzen der Mehrheit und reflektieren historische Muster, die von dominanten Gruppen geprägt sind“, sagt eine weitere „Zukunftszeugin“, Nathalie Klauser, Gründerin, CEO, Vorstandsmitglied und Beraterin – ebenfalls im Bereich Data und KI. Und wer dagegen verstößt, werde zurückgepfiffen. Wie 2019 Google, als man versuchte dort einen KI-Ethik-Rat zu installieren. Der wurde bereits nach wenigen Tagen wieder aufgelöst. Es gab nicht nur Kontroversen um die Auswahl der Mitglieder, der Beirat hatte zudem keine bindende Entscheidungsgewalt und sollte sich nur vierteljährlich treffen. „Ethic Washing“ nennt man so etwas analog dem „Green Washing“.

Natalie Klauser

Die EU hat 2024 einen European Accessibility Act in Kraft gesetzt. Der führt in allen EU-Staaten zu einer Harmonisierung von Barrierefreiheitsstandards. Barrierefreiheit? In den Augen der neuen Machthaber in den USA völlig überflüssig. Weg damit! Die Maßnahmen bedeuten aber Inklusion und eine Erleichterung des Alltags für rund 87 (!) Millionen Menschen mit Behinderung in der EU. Überflüssig? DSGVO: Lästig, ja. Aber überflüssig? Freie Fahrt für die KI? Lieber AI-Act und KI-Haftungsvorschriften!

Don’t believe the hype!

„Der Wandel und die Veränderungen der Welt liegen nur bedingt in unserer Macht als einzelne Individuen und Unternehmen“, schreiben die Autorinnen und Autoren des „Zukunftsreport“ ganz zum Schluss. „Was wir daraus für unsere Zukunft machen, ist hingegen unser Handlungsraum. Die Medaille Zukunft hat zwei Seiten, die nur golden glänzen, wenn wir sie gemeinsam betrachten und erkennen, wo sie einander begegnen.“ Es gehe darum, einen Diskurs darüber zu führen, welche dieser Faktoren die persönliche Zukunft bzw. die Zukunft des Unternehmens beeinflussen werden. „Als Entscheidungsträger sollten Sie beim Planen von Zukunft oder der Transformation Ihrer Organisation Mut zu eigenen Zukunftsbildern haben. Eine eingeschränkte Perspektive kann dazu führen, dass Unternehmen nicht auf unerwartete Veränderungen vorbereitet sind, wichtige Chancen verpassen oder Risiken unterschätzen. Daher plädieren wir dafür: Machen Sie 2025 Schluss mit zu plakativen und abgenutzten Zukunftsbildern! Nutzen Sie die in diesem Zukunftsreport identifizierten Einflussfaktoren. Entscheiden Sie, welche davon für Sie die größte Relevanz haben und leiten Sie daraus Zukunftsbilder ab. So finden Sie Ihre Zukunft.“

Bilder: iStock / Zukunftsinstitut
Text: Thomas Arkan Vierich
5. März 2025
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