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Katzenjammer im Inlandstourismus

Die deutsche Reiseindustrie hat doch noch nicht die Zeichen der Zeit erkannt – auf alle Fälle nicht umgesetzt. Aber es regt sich „Widerstand“. Und bei uns in Österreich?

Die deutschen Touristiker sind sauer. Alle hatten gehofft, dass heuer der Inlandstourismus den Sommer rettet. Wie letztes Jahr. Stattdessen gab es negative Schlagzeilen: Der ADAC meldete Rekordstauzahlen in der Ferienzeit. Mehr sogar als 2019, also vor Corona. Auf den ersten Blick auch erklärbar: Weniger Flugreisen bedeuten mehr Autofahrten. Zum Beispiel ins nahe Österreich. Wo man sich auch im heurigen Sommer über die Treue der deutschen Gäste freute.

Nicht aber in Deutschland selbst. Dort erlebten Urlauber im eigenen Land, dass einiges nicht so recht funktioniert – weder bei den digitalen noch bei den analogen Verkehrsanbindungen. Nicht jedes Hotel scheint tatsächlich auf dem neuesten Stand zu sein. Und jetzt fehlt erst recht das Geld für Investitionen in den Betrieben.

THEORETISCH IST ALLES KLAR

In der Theorie sind sich alle einig, wohin die Reise gehen sollte, auch bei unseren deutschen Nachbarn: Der Betrieb eines Hotels erfordert einen enormen Einsatz von Ressourcen. Um ihre Auswirkungen auf die Umwelt zu verringern, müssten Hotels in digitale Lösungen investieren, die es ihren Gästen ermöglichen, sich während ihrer Reise für umweltfreundliche Angebote zu entscheiden.

Nur blöd, wenn dann das Internet nicht zuverlässig funktioniert, weil das versprochene Glasfaserkabel immer noch nicht bis in die Lüneburger Heide oder den Spreewald verlegt worden ist und das Mobilfunknetz an der Küste nicht über ein mageres Stricherl hinauskommt. Tut es das bei uns – überall? Also ich habe gerade ein Stricherl. Manchmal zwei. Mitten in Wien.

DIE LAGE IST ERNST UND WIRD NICHT BESSER

Die Lage ist so ernst, dass jetzt der Deutsche Tourismusverband DTV, wo Tourismuszentralen von Kommunen und Regionen organisiert sind, kurz vor der Bundestagswahl einen Hilferuf an die Politik sandte: Es drohe ein „Qualitätsverlust gegenüber dem internationalen Wettbewerb“! Man ruft nach einem „Wiederaufbau- und Modernisierungsprogramm Tourismus 2025“, als habe Deutschland gerade einen Krieg verloren.

Und wir reden hier nicht ausdrücklich von den westdeutschen Bundesländern, die so hart von der jüngsten Flutkatastrophe getroffen wurden. Dort wurde tatsächlich ein Krieg verloren. Der gegen die Natur. Das kann uns in Österreich auch passieren. Jederzeit. Aber anders als bei uns hat der deutsche Tourismus kein gutes Ansehen in der Politik – nur die deutsche Autoindustrie, wo der Geldhahn für Förderungen leichter aufgedreht wird („Abwrackprämie“, E-Auto-Förderung).

SCHLECHTE UND GUTE ERFAHRUNGEN

Offenbar habe viele deutsche Urlauber 2020, als sie notgedrungen im eigenen Land urlaubten, eher schlechte Erfahrungen gesammelt. Deshalb sind sie 2021 wieder verstärkt ins benachbarte Ausland unterwegs gewesen, wo man halt mit dem Auto hinkommt. Seltener mit dem Zug, aber Zugfahren ist in Deutschland ohnehin nicht so populär, nicht nur wegen der Streiks. Dänemark, Frankreich, Holland, Italien, neu Kroatien und eben auch immer wieder Österreich stehen oben auf der Hitliste.

„Auch der zweite Corona-Sommer ist deutlich von den Auswirkungen der Pandemie geprägt“, verlautbarte jüngst die Statistik Austria. „Zwischen Mai und Juli 2021 lagen die Übernachtungen in österreichischen Beherbergungsbetrieben zwar 19,5% über dem Vergleichszeitraum des Vorjahres, aber noch immer um 33,6% unter dem entsprechenden Vorkrisenzeitraum Mai bis Juli 2019. Die Nächtigungen deutscher Gäste gingen im Vergleich zum Juli 2020 um 6,4% auf 6,32 Mio. zurück.

Dennoch war Deutschland im Juli 2021 weiterhin mit Abstand der stärkste ausländische Herkunftsmarkt, gefolgt von den Niederlanden (1,03 Mio.; -1,4%) und der Tschechischen Republik (0,44 Mio.; +27,1%).“ Und dann kam ein starker August dazu: Der war in Österreich sogar stärker gebucht als vor der Pandemie vor zwei Jahren. Gegenüber dem Vergleichsmonat im ersten Corona-Sommer 2020 legten die Buchungen um 14,8 Prozent auf 20,7 Millionen zu.

Aber anders als in Deutschland sind die österreichischen Inlandsurlauber (und die deutschen Urlauber) offenbar mit dem Angebot im eigenen Land zufrieden. Sie sind auch 2021 wiedergekommen: Die erste Hälfte der touristischen Sommersaison 2021 (Mai, Juni und Juli) ist mit insgesamt 25,8 Mio. Nächtigungen um 19,5% besser als jene des Vorjahres ausgefallen. Diese Zunahme ist sowohl auf ein Plus der Zahl von Gästenächtigungen aus dem Ausland (+21,3% bzw. +2,65 Mio.) als auch aus dem Inland zurückzuführen (+17,0% bzw. +1,55 Mio). „Im August kam es noch einmal zu einem außerordentlich hohen Anstieg der Übernachtungen deutscher Gäste mit plus 25 Prozent sowie inländischer Gäste mit plus 14,3 Prozent gegenüber August 2019″, erklärt Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas.

Ausländische Touristen bleiben in Deutschland nach wie vor weg, egal ob die Grenzen offen sind oder nicht. Folge: Laut DEHOGA fürchtet ein Drittel der deutschen Betriebe um ihre Existenz.

TREND VERPENNT?

Aber auch die deutschen Anbieter von Auslandsreisen haben schlechte Laune. Ihnen wird zu viel über Overtourismus und Klima debattiert. Noch scheinen die deutschen Urlauber in Massen die gewohnten Ziele in Antalya, Mallorca und Kreta anzusteuern. Das könnten aber die letzten Nachholeffekte sein. Mittelfristig fürchten die Mainstreamanbieter, dass sie mit den üblichen Pauschalreisen nicht mehr durchkommen. Leider habe man aber noch nicht die passenden individualisierten und nachhaltigeren Angebote im Gepäck.

Alltours und Co können offensichtlich nur All-You-Can-Eat. Das geht zumindest aus einer Umfrage hervor, welche die auf Tourismus spezialisierte Unternehmensberatung Fried & Partner unter deutschen Managern von TUI, DER Touristik, FTI und anderen Branchengrößen abgehalten hat. Man habe zu lange auf den Massentourismus gesetzt, sagen die Manager selbst. Und Alternativen „sträflich vernachlässigt“. Dazu kamen technische Probleme bei der Online-Umsetzung individuellerer Angebote. Außerdem hätten während der Coronakrise „schlicht und ergreifend Ressourcen und Inspiration“ gefehlt.

„VISIONEN“ FÜR DIE ZUKUNFT

Doch Hoffung naht: Der Travel Industry Club hat jüngst eine deutsche Initiative für mehr nachhaltigen Tourismus ausgezeichnet: Impulse4Travel. Ein Strategiepapier des Beraternetzwerks Realizing Progress und des Verbands Internet Reisevertrieb. Was da drin steht, klingt ähnlich wie der österreichische Plan T: Im Tourismus müsse man auch über die Akzeptanz bei den Einheimischen nachdenken, Klima und Nachhaltigkeit müssten eine größere Rolle spielen.

Nona. Darüber redet man in der Branche seit Jahren. Mittlerweile tönt es wie das Pfeifen im sterbenden Fichtenwald. Denn an der Umsetzung scheint es (zumindest in Deutschland) immer noch zu hapern. Seien wir ehrlich: Auch bei uns ist längst nicht alles nachhaltig, was grün daherkommt.

In Vendig legen nach der Corona-Pause wieder Kreuzfahrtschiffe an.

Und als wir jüngst durch Triest fuhren, hatte da gerade ein Riesentrum von Kreuzfahrtschiff angelegt. Gleich gegenüber des zentralen Stadtplatzes verstellte es wie früher den Blick aufs Meer. Und es entströmten ihm viele Menschen. Nicht alle waren jenseits der 65, aber die meisten. Vermutlich hat es die Lokale in Hafennähe gefreut, wo diese glücklichen Pauschal-Reisenden aus Österreich und Deutschland auf einen Capucchino oder eine schnelle Pizza vorbeischauten. Eine Postkarte dürfte auch noch drin gewesen sein. Oder eine Keramikschale.

Gott sei Dank hat man sie nach Triest geschippert – und nicht zu den abgebrannten Küsten rund ums Mittelmeer. Auf der Kanareninsel La Palma speien die Vulkane immer noch glühende Lava. Die Insel, auf der ich auch schon so manchen schönen Urlaub verbracht habe, ist seit Wochen im Ausnahmezustand, die Menschen verzweifeln. Dafür kann nun ausnahmsweise der Klimawandel nichts. Aber das kleine Häuschen, in dem ich vor Jahren mehrmals urlaubte, wird perdu sein.

Der menschengemachte Klimawandel dürfte schon eher für die Tornados verantwortlich sein, die zeitgleich über die italienische Poebene fegten – wir waren ihnen am Heimweg aus dem Kroatienurlaub knapp entkommen. Und an der türkischen Südküste rottet ein widerlicher Schaumbelag das letzte ozeanische Leben aus.

Bilder: Denys Nevozhai/Unsplash (Titelbild), Thomas Askan Vierich (Kreuzfahrtschiff, vom Autor beigestellt)
Beitrag: Thomas Askan Vierich
25. Oktober 2021
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