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Nachhaltige Geschäftsreisen

Die Nachhaltigkeit ist auch bei den Geschäftsreisen angekommen. Wenn es denn überhaupt wieder zu Geschäftsreisen im gewohnten Maße kommen sollte. Wenn dann wohl nur in nachhaltiger Form. Das Nachhaltigste wäre natürlich nur noch vom HomeOffice aus zu arbeiten. Aber während der Covid-Krise haben wir nicht nur den (enden wollenden) Charme von Video-Konferenzen und digitalen Co-Working-Tools erlebt, sondern auch wie viel Spaß es macht, tatsächlich Kolleginnen und Partner Aug in Aug zu treffen. Aber sollen wir jetzt wieder anfangen, für jede Besprechung, jeden Vertragsabschluss und jede Konferenz ins Auto, den Zug oder noch schlimmer ins Flugzeug zu steigen? Lohnt sich der Aufwand? Geht das auch anders? Haben wir dazu überhaupt Lust?

Nach dem massiven Einbruch von Geschäftsreisen in den vergangenen zwei Jahren rechnet der Verband Deutsches Reisemanagement (VDR) für das laufende Jahr wieder mit steigenden Zahlen. „Der persönliche Austausch mit Geschäftspartnern und Kunden bleibt wichtig und lässt sich nicht dauerhaft ersetzen“, sagt VDR-Präsident Christoph Carnier.

Dennoch: Mehr als 60 Prozent der im Rahmen des aktuellen Reisebarometers des VDR befragten Unternehmen gehen davon aus, dass sie künftig um bis zu 30 Prozent weniger Dienstreisen unternehmen werden. Trotz eines zu erwartenden Nachholbedarfs werde der drastische pandemiebedingte Einbruch noch lange nicht ausgeglichen werden können.

Negative Auswirkungen der Pandemie, steigende Kosten und hohe bürokratische Aufwände spielten für die weitere Entwicklung ebenso eine Rolle wie Nachhaltigkeit, Sicherheit der Reisenden und die Substitution von Geschäftsreisen durch digitale Möglichkeiten.

Gewinner & Verlierer

Da klingt es fast schon logisch, dass das Verkehrsbüro, immerhin Österreichs größter Tourismuskonzern, kürzlich sein Geschäftsreisesegment verkauft hat. Die 120 Mitarbeiter übernimmt Business Travel Unlimited Reisebüro (BTU), eine Tochter der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich.

Umgekehrt ist das Geschäftsreise-Start-up Voya der Volkswagen-Tochter Financial Services nicht mehr insolvent. Das Softwareunternehmen Cariad, eine andere VW-Tochter, hat übernommen. Offenbar sehen sie wieder Licht am Ende des sprichwörtlichen Tunnels.

Oder man übernimmt das leidige Thema als Dienstleister– und macht damit auch während Covid gute Geschäfte: Michael Riegel ist Gründer und CEO von Comtravo. Deren Geschäftsmodell ist seit sechs Jahren das Outsourcen von Geschäftsreisen. Rund 3000 Firmen nutzen seine Plattform. Trotz Pandemie.

Weil Riegel Firmen und ihren Mitarbeitern das Leben leichter macht: Comtravo regelt End-to-End die gesamte Abwicklung von Geschäftsreisen, vom Aushandeln von Firmenraten über die Ausgabe von standardisierten Reisebelegen. Der reisende Mitarbeiter bucht seine Reise selbst über die App und bekommt über eine Experten-Hotline von Comtravo schnell und unkompliziert Hilfe, wenn unterwegs etwas schief geht oder ein Flug/Zug kurzfristig umgebucht werden muss.

„Wir konnten uns an die Herausforderungen der Coronakrise sehr schnell anpassen und den Digitalisierungsschub nutzen“, sagt Riegel. Mittlerweile arbeiten 220 Mitarbeiter bei Comtravo. Die Finanzierung läuft über ein B2B2C-Modell. „Der Traveller spielt die zentrale Rolle, ihm möchten wir einen smoothen Prozess bieten.“ Aber auch für die Firmen soll alles möglichst easy sein, niemand muss sich um die Buchung und Reisekostenabrechnung kümmern.

„Am Ende kommen die Unternehmen günstiger weg, als wenn sie das alles selbst regeln.“ Das Modell ist auch für die Firmen sehr transparent. Comtravo übernimmt den Einkauf und kommuniziert die Kosten 1:1. Für jede Reise fällt eine Gebühr an, die Hilfestellungen über die Hotline sind kostenlos.

Aber nachhaltig per se ist Riegels Angebot nicht. Es serviciert lediglich den vorliegenden Bedarf und macht das Geschäftsreisen für alle Beteiligten komfortabler.

Nachhaltigkeit ist gefragt

Jedes dritte Unternehmen frage bei Ausschreibungen aber bereits nach Maßnahmen zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes, sagt Eugen Triebelhorn, Deutschland-Chef des Geschäftsreisedienstleisters Travelperk. Bei großen Unternehmen, vor allem bei börsennotierten, gehe die Initiative vom Vorstand aus. Es sei aber auch zu beobachten, dass vor allem jüngere Mitarbeiter immer öfter einen Blick auf die CO2-Bilanz einforderten.

Das Thema zähle mittlerweile zu den Top-Drei-Punkten auf der Agenda der Firmenkunden, sagt auch Lutz Nauert, Senior Vice Präsident des Geschäftsreiseanbieters BCD Travel, bei einem Round-Table-Gespräch, veranstaltet von Travelperk. Dabei gehe es längst nicht mehr nur um die Erfassung von Daten, sondern auch um Einsparungen durch Vermeidung und Kompensation. Die Unternehmen wollten Lösungen sehen.

Für Autovermieter Enterprise liegt die Lösung in der Elektrifizierung der Fahrzeugflotte, wie Manager Chris Holler erläutert. Das stoße aber vor allem aufgrund geringer Reichweiten und einer lückenhaften Ladelogistik noch auf Widerstände, räumt er ein.

Problem Kompensation

Um bei Geschäftsreisen wirksame Maßnahmen für mehr Umwelt- und Klimaschutz einleiten zu können, müsse zunächst der CO2-Fußabdruck der Geschäftsreisen quantifiziert werden, sagt Maximilian Behr von der Umweltagentur Climate Partner. Dafür kursierten derzeit aber noch sehr unterschiedliche Standards.

Man kann schon die Sinnhaftigkeit mancher Projekte, die irgendwo auf der Welt durch diesen modernen „Ablass“ finanziert werden, in Frage stellen. Und je schneller die Emission zum Beispiel eines Fluges ausgeglichen werden soll, desto teurer wird es. Zudem, sagt Behr, sei das Volumen der vorhandenen Projekte begrenzt. Sollte die Bereitschaft zur Kompensation massiv steigen, müssten entweder vorhandene Projekte ausgeweitet oder neue entwickelt werden.

Die digitalen Alternativen zu den bisherigen Businessflügen sind im Steigflug, oder?

Weniger CO2 verursachen

Etwa mit dem Verzicht auf Ein-Tages-Flugreisen, dafür längere Bahnreisen samt Übernachtung in Kauf nehmen sowie die Zusammenlegung mehrerer Termine innerhalb einer Reise organisieren, empfiehlt BCD-Manager Nauert.

Die Zeiten, wo man ohne zu überlegen in den Firmenwagen (Diesel!) steigt, um sich in den Stau für den nächsten Termin zu stellen, könnten für immer vorbei sein. Erstens weil es gar keinen Firmenwagen mehr gibt, sondern das Jahresticket für die ÖBB. Oder weil man dann doch lieber den Platz vor dem Laptop auf der Terrasse (Außenstelle des Homeoffices) vorzieht. Auch wenn das Internet wieder wackelt. Immer noch besser als stundenlang am Handy im Stau zu hängen – der Termin ist dann eh längst geplatzt.

Bleasure

Ein künftiges Erfolgsmodell scheint die Kombination aus Freizeit und Business beim Reisen zu sein. Auch damit kann man CO2 und andere Umweltressourcen einsparen: Wenn man Urlaub mit Arbeit verbindet, ist man auch weniger gereist, hat aber trotzdem gearbeitet UND geurlaubt. Immer mehr Hotels stellen sich darauf ein, in der Stadt wie in den Urlaubsresorts. Bieten Workspaces mit starkem Internet, Druckern und vor allem Ruhe.

Denn gleichzeitig sorgen sie dafür, dass mitreisende Familienmitglieder gut versorgt werden, große wie kleine, und nicht quengelnd vor der Bürotür stehen (wie im Homeoffice!), um bespaßt zu werden. Also reist man am Samstag an und bleibt bis Dienstag – allein oder mit Familie. Dann hat man sich auf alle Fälle zwei Reisestrecken gespart.

Das funktioniere aber nur an Toplagen, sagt Rainer M. Willa, Geschäftsführer von HotelPartner. Beim Bleasure sei das Hotel zentral, das müsse Spaß machen. Quadratisch, praktisch, gut genüge da nicht mehr. Also kein reines Businesshotel. Aber auch kein reines Urlaubsresort. Da muss (und kann!) sich die Hotellerie also etwas einfallen lassen.

Manche müssen einfach reisen

Andererseits sagt Yonca Yalaz von der Plaza Hotelgroup bei einer Videokonferenz (!) von HotelPartner zum Status Quo der Hotellerie im deutschsprachigen Raum, dass ihre Businesshotels gerade in den B- und C-Lagen auch während der Pandemie sehr gut gelaufen seien – anders als die in A-Lagen. Sie bedient dort das Publikum, das eben geschäftlich reisen muss: Vertreter, Handwerker, Servicemitarbeiter, Techniker.

So lange die großen Messen ausbleiben, wird sich der MICE-Markt nicht wirklich erholen. Aber ein glaubhaftes nachhaltiges Angebot kann die inneren Widerstände an solchen Veranstaltungen eher überwinden. Da geht es ja nicht nur um die Ab- und Anreise, sondern auch um den Aufenthalt an sich und wie solche Veranstaltungen künftig organisiert sein werden, wie regional und nachhaltig die Verpflegung, die Energieversorgung und der ganze Rest sind.

Dafür ist heute jeder und jede sensibilisiert. Auch der Handwerker unterwegs oder die Handelsreisende. Sie möchten zumindest ihr E-Auto vor Ort laden können und ebenfalls wissen, woher das Essen kommt und vielleicht wie chemiefrei geputzt wird.

Bild: Pixabay
Beitrag: Thomas Askan Vierich
14. April 2022
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