www.hogast.com Icon hogast.com Webseite office@hogast.at Icon Emailadresse +43 6246 / 8963-0Icon Telefonnummer Logins Icon Schliesen
myHOGAST öffnen Lieferpartner Zugang
HOGASTJOB öffnen
HOME Die Premier Grand Cru Österreichs

Die Premier Grand Cru Österreichs

Was man in Frankreich mit großem wirtschaftlichen Erfolg für die beteiligten Winzer oft schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts praktiziert, hat man jetzt auch in Österreich eingeführt: die Definition von „Ersten Lagen“. Wir haben bei einer Verkostung aller „Ersten Lagen“ der Jahrgänge 2020 und 2021 nachgeschmeckt.

Man kennt das aus Frankreich: Dort spricht man nicht von einem Merlot oder Sauvignon Blanc wie bei uns von einem Blaufränkisch oder Grünen Veltliner, dort zählt die Lage, nicht die Rebe. Auch weil die besten französischen Weine meist Cuvées sind. Das kann das Gebiet sein (Chablis oder Pomerol), ein bestimmter Ort (Margaux oder Bommes) oder ein Weingut (Chateau Margaux im Gebiet Medoc mi dem Titel Premier Grand Cru). In Österreich und auch in Deutschland ist man lange Zeit einen anderen Weg gegangen: Erst kam die Rebe, dann die Region, später der Districtus Austriae Controllatus (DAC, gebietstypischer Qualitätswein), der beides zusammenführte und versuchte, daraus eine Marke zu machen.

Das Carnuntum wiederum hat es erfolgreich verstanden, eher an das italienische Modell angelehnt, mit dem Rubin Carnuntum eine Marke zu etablieren. Dass das ein Zweigelt höherer Qualität ist, steht nicht mehr im Vordergrund. Im Vordergrund steht die Qualität und ein erwartbares Geschmacks- und Aromaprofil wie bei einem Ornellaia oder Sassicaia. Denn es kann eben nicht jeder Zweigelt, auch nicht jeder gute Zweigelt ein Rubin Carnuntum werden. Das entscheiden in jedem Jahr die Winzer selbst. Manchmal reicht es für einen eingereichten Wein, manchmal aber auch nicht.

Prinzip Qualität

Das Prinzip „Erste Lagen“ setzt auch auf Qualität – aber weniger schwankend wie beim Rubin Carnuntum. Wenn eine bestimmte Riede, ein bestimmter Weinberg einmal den Titel „Erste Lage“ bekommen hat, dann hat er ihn nach heutiger Sachlage mehr oder weniger für immer – außer der Klimawandel macht dem irgendwann einen Strich durch die Rechnung. Das ist beim Grand Cru oder Premier Grand Cru anders – in manchen Weinbaugebieten muss man sich immer wieder für den Titel bewerben, in Saint-Émilion sogar jährlich.

Allerdings tragen im Saint-Émilion mittlerweile über 60 Prozent der dort produzierten Weine diesen Titel… Das Medoc trägt diesen Titel bereits seit 1855 – und es hat seitdem nur eine einzige Änderung gegeben: Das Chateux Mouton-Rothschild wurde 1973 vom Deuxieme Grand Cru zum Premier Grand Cru befördert. Entscheidend für den Rang Grand Cru war 1855 übrigens nicht die Qualität der Lagen, sondern der erzielte Verkaufspreis… Das ist heute immer noch so, obwohl es mittlerweile bessere Weine gibt, die kein Grand Cru sind. Zum Beispiel ist der teuerste Bordeux, der Chateau Pétrus aus dem Anbaugebiet Pomerol, kein Grand Cru.

Pomerol hat generell keine offizielle Klassifikation, der Name Pomerol genügt unter Weinkennern, um ihre Brieftasche zu öffnen. Aber der Titel „Grand Cru“ ist in Frankreich sakrosankt (und gut eingeführt), also möchte niemand an dieser alten Einteilung rütteln – trotz reichlich Kritik an dieser etwas überkommenen Einteilung.

Winzerinnen und Winzer der Österreichischen Traditionsweingüter mit Ersten Lagen im Park von Schloss Grafenegg.

Was ist eine „Erste Lage“?

Das Verkaufsargument mag auch die niederösterreichischen Winzer 1992 bewogen haben, sich Gedanken über ihre „Ersten Lagen“ zu machen und sie schlossen sich zu den Österreichischen Traditionsweingütern zusammen. Ihr erklärtes Ziel war es herausragende Weinbergslagen zu klassifizieren.

Was aber macht eine solche Weinlage aus? Erst einmal sind das Lagen, die das Potenzial haben bei richtiger Pflege jedes Jahr konstant Weine von herausragender Qualität hervorzubringen. Einige Parameter dafür sind bekannt: Zum Beispiel ein karger Boden wie im Medoc, der die Reben sozusagen zu mehr Leistung anspornt, sie müssen tiefer wurzeln (wie auch im bio-dynamischen Weinbau). Aber das allein ist es auch nicht. Dazu kommen Bodenstruktur, Niederschlagsmenge, Sonneneinstrahlung, Luftströmungen, Mikroklima, Höhenlage, die Temperaturentwicklung im Laufe des Jahres und auch wie hoch der Temperaturunterschied zwischen Tag und Nacht ist (entscheidend für die Säure). Da die Winzerinnen und Winzer selbst aus Erfahrung am besten wissen, welche Riede diese Eigenschaften in idelaer Weise vereint, können sie auch am besten definieren, was ihre „Erste Lage“ ist. So die Grundidee.

Neue Klassifikation

Fast zwei Jahrzehnte haben die Winzerinnen und Winzer entlang der Donau in den Weinbaugebieten Kamptal, Kremstal, Traisental und Wagram (nicht Wachau, die haben seit jeher eine andere Klassifizierung) gemeinsam ihre Weine beobachtet und ihre Entwicklung analysiert. Das Ergebniss wurde mit der „Klassifikation 2010“ vorgestellt, in der 53 Weinlagen als „Erste Lagen“ gekennzeichnet wurden.

2018 haben sich die Winzer aus Wien und Carnuntum (hier nur die Rubin Carnuntum Winzer) entschlossen, etwas Ähnliches zu versuchen. Jetzt haben sie ihre „Ersten Lagen“ ebenfalls definiert. Damit kommen wir österreichweit auf 95 Grand Cru Weinlagen.

Mit etwas Vereinfachung gesprochen haben wir jetzt (inklusive Steiermark, aber noch ohne Wien) eine Weinpyramide, die sich aus drei Ebenen zusammensetzt: Gebietswein (z.B. Wagram), darüber Ortswein (z.B. Kirchberg) und darüber Riedenwein (z.B. Ried Goldberg). Jetzt kommt auf die Spitze sozusagen noch die Krone: Erste Lage (15% aller Riedenweine). Per Definition versteht man unter Erste Lage „Weingärten, deren Weine sich im Laufe der Geschichte als die charakterstärksten und eigenständigsten Vertreter der Appelationen der Donauregion herauskristallisiert haben“.

Im Kamptal gehören zu den Ersten Lagen zum Beispiel Ried Dechant (11,1 ha) in Langenlois für Grünen Veltliner, Ried Gaisberg (30,6 ha) in Kammern für Riesling, Ried Gaisberg in Strass (26,6 ha) für Grünen Veltliner und das gleiche Ried in Zöbing (21,5 ha) für Riesling. Gleichzeitig wurden aber auch eher winzige Riede wie Grub in Kammern mit 5,3 ha oder Ried Wechselberg Spiegel in Strass mit nur 2,6 ha oder das Ried Gaisberg in Angern / Kremstal mit 3,8 ha ausgewählt. Die kleinste erste Lage ist Ried Kirchensteig in Oberfurcha / Kremstal (0,9 ha) und dort zugleich auch das älteste mit einem Terroir aus Granulit. Auch das Ried Steinhaus in Grinzing / Wien weist nur 1 ha auf und ist die höchstgelegen Lage Wiens, ideal für Weißburgunder. Mit 87,9 ha die größte Erste Lage befindet sich in Langenlois: das Ried Kittmannsberg mit sanft geneigten und großflächig terrasierten Flächen in südöstlicher Ausrichtung und windgeschützt durch kesselförmige Einbuchtungen. Die Böden sind tiefgründig, stark kalkhaltig (gut für die Mineralität) und bestehen aus lehmig-sandigen Schluff (gut für die Speicherung von Feuchtigkeit).

Zum Verglech erstreckt sich die Appelation Medoc über eine Länge von 80 km und einer Breite von 10 km, die mit Reben bepflanzte Fläche ist 15,95 ha groß. Das Chateau Margaux verfügt über 265 ha Grundbesitz, davon sind 99 ha für den Weinbau reserviert, 87 ha für Rotwein. Was die Margaux-Weine auch auszeichnet ist ihre extreme Lagerfähigkeit. Die meisten brauchen mindestens zehn Jahre, bis sie ihr volles Potenzial entfalten. 1987 verkostete der bekannte Weinautor Michael Broadbent einen 1787er Chateau Margaux und vergab die Höchstbewertung 5 Sterne: „Bukett {…} mit großer Reichhaltigkeit und Tiefe. {…} Mit einem sehr lebhaften, vollen Geschmack, perfekt in Gewicht, Länge und Abgang.“ Ein „lebhafter“ 200 Jahre alter Wein: Ob das Österreichs „Erste Lagen“ auch hergeben werden, wird sich weisen.

Internationale Weinjournalisten und -experten lassen sich Weinproben von den Winzerinnen und Winzern persönlich einschenken.

Die Jahrgänge 2020 und 2021

Was wir jetzt schon sagen können: Die Jahrgänge 2020 und 2021 schmecken aus „Erster Lage“ allesamt ausgezeichnet und sehr individuell. Aus unseren Kostnotizen bei der Verkostung auf Schloss Grafenegg: „sehr dicht, aromatisch, mineralisch, würzig“, „rund, etwas Restsüße“, „voll, rund, mit einer Spur Restsüße, aber herrlicher Säure“ oder „fein, frisch, fruchtig“. Und wiederholt „sehr gut!!!“. Auch Jahrgangsunterschiede lassen sich herausschmecken. Aber auch die Leistungsfähigkeit bestimmter Winzer. Mancher holt noch mehr aus einer „Ersten Lage“ heraus als sein Nachbar. Es kam auch zu Kostnotizen wie „bissl künstlich“ oder „geht so“. Natürlich auf hohem Niveau. Nur das Glück zu haben Weinberge in erster Lage zu besitzen, ist zwar eine sehr gute Voraussetzung erstklassige Weine zu produzieren, aber noch keine Garantie.

Zum Glück für den Weintrinker besitzen solche Lagen eigentlich nur erfahrene, alt eingesessene Winzer – sonst wären sie ja nicht bei den Traditionellen Weingütern dabei. Wer hier allerdings so etwas wie eine gewisse Abschottung und Marektdominanz gegenüber Neuankömmlingen wittert, ist natürlich ein Schelm. Die müssen auf ihre Originalität und in Zukunft auf ihren guten Namen oder dem ihrer Region setzen wie das Chateau Petrus. Das Weingut existiert allerdings schon seit Ende des 18. Jahrhunderts. Erste Goldmedaillen auf Weltausstellungen errang man 1878 und 1898. Der 1945er „Jahrhundertwein“ machte Petrus dann endgültig weltberühmt. Heute haben sie mit diversen Fälschungen ihrer besten Jahrgänge zu kämpfen. Davon sind wir in Österreich noch weit entfernt. Wenn, dann machen wir das etwas plumper… aber das ist auch schon lange her und hatte auch sein Gutes. Ohne Weinskandal kein kompromissloses Streben nach Qualität und keine „Ersten Lagen“.

Text/Bilder: Thomas Askan Vierich
31. Oktober 2022
Zurück Nächster Artikel
office@hogast.at T: +43 (0)6246 8963 - 0
F: +43 (0)6246 8963 - 990

Fragen zu Ihrer Mitgliedschaft oder möchten auch Sie von den Angeboten der HOGAST profitieren? Kontaktieren Sie uns einfach und unverbindlich.

office@hogast.at
Icon Werben Werben im
HOGAST-BLOG/MAGAZIN Icon Werben