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Wie ticken die Jungen?

Der 30. ÖHV-Kongress in Wien stand ganz im Zeichen der neuen Arbeitswelt. Zentral war die Frage: Was wollen die jungen Generationen und wie können Arbeitgeber im Tourismus darauf reagieren?

“The Times they are a-changin”, sang Bob Dylan schon Mitte der 1960er Jahre. Daran hat sich nichts geändert. Außer dass sie sich vielleicht noch schneller ändern. Aber der Mitarbeitermangel ist nun wirklich kein neues Thema und wird uns auch noch länger begleiten. Neu ist, dass sich das Problem schon rein demographisch betrachtet eher zuspitzen wird.

Neue Ansprüche

Neu sind vor allem unsere Ansprüche: Der Philosoph Richard David Precht, Autor des Buches „Freiheit für alle. Das Ende der Arbeit wie wir sie kannten“ (Goldmann), hielt den ersten Vortrag am Kongress zum Thema. Er stellte den von ihm geprägten Begriff der „Sinngesellschaft“ vor. Arbeit steht nicht mehr im Mittelpunkt unserer entwickelten westlichen Gesellschaften. Weil wir es uns leisten können. Weil erstmals in unserer Geschichte genug für alle da ist.

Die große Sinnsuche sei eine Folge unserer Überflussgesellschaft. Es gehe nicht mehr darum, das zu tun, was man eben tun müsse, das Feld bestellen, das Überleben der Familie durch sinnbefreite Plackerei in der Fabrik zu sichern. Heute könne man weitgehend tun, was man selbst wolle. Junge Leute wollen nicht mehr an das Kreuz eines Berufes genagelt werden, den sie ihr Leben lang ausüben müssen.

Wer sich für den Tourismus entscheidet, muss und will höchst wahrscheinlich nicht ewig im Tourismus bleiben. Umgekehrt heißt das aber auch, wer noch nicht im Tourismus arbeitet, könnte durchaus gewonnen werden. Die Bereitschaft, ja der Anspruch an Flexibilität ist heute hoch.

Empathieberufe

Dazu kommt laut Precht, dass sich allgemein die Servicekultur im deutschsprachigen Raum verbessert habe. Die Wertschätzung für den „Human Touch“ habe sich gesteigert. Auch wenn vieles mit Maschinen und Robotern ersetzbar ist, wird vieles doch nicht ersetzt, weil der Kunde nicht von Maschinen, sondern von Menschen serviziert werden will. Der Tourismus besteht aus lauter „Empathieberufen“ und die lassen sich kaum durch Maschinen ersetzen. Gut für den Tourismus.

Problem: Es gibt offenbar nicht genügend Leute, die in diesen Empathieberufen arbeiten wollen. Das gilt für Friseure wie Pflegeberufe wie für den Tourismus. Woran liegt das? Die Bereitschaft ist da, vielfach die passenden Arbeitsumstände nicht. Es wird nicht immer gut bezahlt, die Arbeitszeiten sind für viele unattraktiv, es gibt wenige Aufstiegsmöglichkeiten und anstrengend ist es meistens auch noch. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist gerade in diesen häufig 24/7-Berufen besonders schwierig. Ergo haben sie am Arbeitsmarkt, der eh ein Arbeitnehmermarkt geworden ist, einen schlechten Stand.

Anderes Recruiting

Also muss man im Recruiting und auch an den Arbeitsumständen etwas ändern. Um das zielgenau tun zu können, müsste man erst einmal wissen, wie die nachwachsende Generation tickt. Was unterscheidet die Generation Y und Z von der Generation X und den Baby-Boomern? Die letzten beiden, die in den 1950ern bis 1970ern geboren wurden, glauben wir schon ganz gut zu kennen. Sie arbeiten ja schon viele Jahre bei uns und mit uns.

Aber von diesen rätselhaften Yern und Zetties weiß man nichts Genaues, außer dass sie gehäuft bei Fridays for Future auftreten, im Verdacht stehen eher arbeitsscheu zu sein, dass sie ihr Privatleben mehr schätzen als ihre berufliche Karriere, dass sie keinen Bock auf Hierarchien haben und ständig fragen „warum?“.

Warum wollt ihr uns eine kaputte Welt hinterlassen? Warum soll ich für euch arbeiten? Warum soll ich mich für die Firma kaputt machen, um noch mehr Besitz anzuhäufen, der noch mehr Welt kaputt macht? Warum ist das Leben so kompliziert? Warum gibt es Krieg?

Prof. Antje-Britta Mörstedt von der Privaten Hochschule Göttingen beschäftigt sich von berufswegen mit den X,Y,Z-Generationen. Außerdem habe sie drei „Zetties“ zu Hause. Sie weiß also, wovon sie in ihrem Vortrag spricht, wenn sie versucht ein Porträt dieser Generationen zu entwerfen.

Sie hat kürzlich für eine Studie 8.500 Jugendliche interviewen lassen, um notwendige Unterschiede in Rekrutierung und Führung herauszuarbeiten. Ein paar Stichworte für die Unterschiede in der Lebenswelt dieser jüngeren Generationen zu den vorhergehenden:

  • Stubenarrest hilft nicht mehr. Eh super, kann ich in Ruhe ins Social Net.
  • Früher musste man auf etwas warten. Heute gibt es alles am nächsten Tag.
  • Heute gibt es keinen Bedürfnisaufschub mehr.
  • Der Workaholic ist out.
  • Erziehung erfolgt heute auf Augenhöhe bis hin zu den überbeschützenden Helikoptereltern.
  • Alles muss einzigartig sein. Ein Erlebnis. Jeder ist etwas Besonderes, muss etwas Besonderes sein.
  • Sie leben in einer Multioptionsgesellschaft.

Das hat seine Vorteile, aber auch Nachteile. Für sie selbst wie für ihre Arbeitgeber. Und letztlich auch für ihre Gastgeber.

Zu viele Wahlmöglichkeiten

„46% haben keinen Plan, was sie nach der Matura machen wollen“, sagt Mörstedt. Sie könnten so viel machen (Multioptionsgesellschaft), so dass sie gar nichts tun. Sie würden ja auf ihre Eltern hören, aber die machen auch keine Angebote, sie wollen ja ihren Kindern nichts mehr vorschreiben.

Die durften schon mit drei Jahren entscheiden, ob sie die gelben oder die roten Gummistiefel anziehen möchten. Das heißt: Die Kinder mussten entscheiden (Erziehung auf Augenhöhe).

Am liebsten wäre den Eltern auch, dass sie sich gar nicht entscheiden, sondern erstmal noch zu Hause wohnen bleiben: „Kind, lass dir Zeit!“ (Empty-Nest-Syndrom). Matura, übrigens, muss es in jedem Fall sein. Nicht nur in „bürgerlichen“ Familien.

Was dazu führt, dass gerade im Handwerk der Nachwuchsmangel am ausgeprägtesten ist. Aber auch im Tourismus brauchen wir nicht nicht nur studierte Tourismusmanager, sondern eher Leute, die Richtig Bock auf gelebte Gastfreundschaft haben.

Die VUCA-Welt

Wir leben alle in einer so genannten VUCA-Welt. „VUCA“ ist ein Akronym, das sich auf „volatility“ („Volatilität“), „uncertainty“ („Unsicherheit“), „complexity“ („Komplexität“) und „ambiguity“ („Mehrdeutigkeit“) bezieht. Die Älteren haben vielleicht gelernt damit umzugehen, die Jüngeren müssen es erst noch lernen.

Zum Beispiel rät Mörstedt: „Anfangen!“ Das scheint bei Y und Z ein Problem zu sein. Kennen wir von uns ehrlich gesagt auch, deshalb können wir vielleicht helfen als Eltern und Arbeitgeber oder Kollegen.

Tipps zum Recruiting

Es hat wenig Sinn auf Facebook oder gar in gedruckten Medien Inserate zu schalten. Weil diese Medien von Menschen unter 35 nicht mehr wahrgenommen werden. Besser sind Instagram, Pinterest oder TikTok. Noch wichtiger ist die eigene Homepage des Unternehmens. Denn junge Leute auf der Suche surfen da von alleine hin. Und dann muss diese Homepage aussagekräftig sein.

Sie sollte authentisch rüberbringen, wofür das Unternehmen steht, was dort für eine Arbeitsatmosphäre herrscht, wie sehr man sich für Nachhaltigkeit engagiert, was es für Aufstiegschancen und Weiterbildungsmöglichkeiten gibt.

Das Gehalt ist wichtig, aber am Ende nicht ausschlaggebend. Wichtig ist zu verstehen, dass man sich heute als Arbeitgeber bei Arbeitnehmern bewirbt. Dazu gehört Transparenz, Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit.

Das Onboarding

Und dann gibt es die Onboardingphase. Bei den Zetties sogar eine Pre-Onboardingphase. Die muss man „abholen“, das heißt ständig freundlich daran erinnern, dass man sich schon auf sie freue und so weiter. Damit sie auch wirklich am ersten Arbeitstag erscheinen.

Und dann ununterbrochen loben, auch für Routinetätigkeiten. Auch wenn es einem lächerlich vorkommt. So einem sensiblen Zetti muss man das Fell kraulen. Das ist er oder sie gewohnt. Zetties legen Wert auf Sinn, Nachhaltigkeit und Spaß. Das muss man ihnen vermitteln, aber bitte authentisch.

Ermutigen sie ihre anderen Auszubildenden zu bloggen. Das ist am authentischsten, wenn sich die Zetties gegenseitig erzählen, wie toll es ist bei Ihnen zu arbeiten. Genauso werden sie aber auch erzählen, wie wenig toll es ist bei Ihnen zu arbeiten. Der Ruf ist heutzutage innerhalb von Stunden ruiniert.

Besonders originell war der Tipp von Prof. Antje-Britta Mörstedt, die übrigens selbst halb Baby-Boomer halb Generation X ist (wie auch der Autor dieser Zeilen), also Jahrgang Mitte 1960er: „Denken Sie mal Vintage!“ Au ja, bitte gerne. Das können wir Älteren ja noch ein bisschen. Konkret heißt das: In der Pre-Boardingphase den neuen Mitarbeitern einfach mal eine Postkarte (doch, so was gibt es noch!) schicken: dass man sich auf sie freue usw. Kommt unheimlich gut an.

Zweiter überraschender Tipp: „Immer an Mutti denken!“ Was meint: Die Rolle der Eltern nicht unterschätzen. Die entscheiden mit, wohin ihre Kinder gehen und wie lange sie dort bleiben. Also auch mit den Eltern kommunizieren, damit die im Zweifel ihren Kindern sagen: „Kind, bleib doch in diesem netten Hotel!“ Dazu kann zum Beispiel ein Tag der offenen Tür MIT Eltern dienen.

Dritter Tipp: Fehlerkultur fördern. Also nicht nur unentwegt loben, sondern auch Fehler verzeihen. Und gemeinsam daraus lernen.

Zumutung?

Klingt alles recht anstrengend? Klingt nach einer Herausforderung ruhig zu bleiben, wenn der Azubi oder Jungmitarbeiter anfängt Sie zu kritisieren? Oder mitten in einer Sitzung aufsteht, weil er jetzt „was Wichtiges zu erledigen habe“.

Tja, das müssen sie vermutlich ertragen. Oder alles alleine machen, wie die Café-Betreiberin in Salzburg, die alle oben genannten Maßnahmen ignorierte, am Ende ihr Café allein führte, angeblich 100 Stunden in der Woche, um schließlich gänzlich zuzusperren.

Die Alphas kommen

Und Achtung: Die Generation Alpha raschelt schon in den Startlöchern. Das sind die Zehnjährigen. Und die sind wohl noch „verwöhnter“, das heißt verhelikoptert und gleichzeitig verunsichert als die Yer und Zetties. Die muss man vermutlich noch öfter streicheln (aber Vorsicht: nicht übergriffig werden! Die Grenze wird auch immer schmaler…), denen darf man noch weniger Befehle erteilen, sondern muss ihnen alles erklären. Mühsam, aber was willste machen.

Und man muss was machen. Laut einer aktuellen Umfrage der ÖHV unter Tourismusschülern mit Praktikumserfahrung sagen nur ein Viertel, dass sie auf alle Fälle im Tourismus bleiben wollen. Fast die Hälfte gibt an unsicher zu sein, der Rest wollte entweder nie im Tourismus arbeiten oder will es jetzt nicht mehr.

Bild: Petr Sevcovic/Unsplash
Beitrag: Thomas Askan Vierich
9. Mai 2022
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