Und wieder ist eine durchaus positive Wintersaison zu Ende gegangen – mit einer leicht gestiegenen Auslastung und sogar einer stärkeren Preisdurchsetzung im Vergleich zum Vorjahr. Allerdings war die zweite Hälfte (Februar/März) schwächer als die erste (Dezember/Jänner), wie Kohl & Partner in ihrer Saisonanalyse feststellen. Der Grund: Die schwache Schneelage vor allem im März, in dem dann auch noch in einigen Herkunftsmärkten die Hauptferienzeit lag. Und die heuer späten Osterferien lassen dann gar nicht mehr ans Skifahren denken – man hat eher Lust auf Sommerurlaub.
Wenn man dann noch im März 70 Euro für eine Liftkarte bezahlen muss – obwohl wegen Schneemangels nur die Hälfte aller Lifte offen sind, stellt man sich die Frage: Tu ich mir das noch an? Und als Hotelier, Seilbahner oder Gastronomin kommt man uns Grübeln: Wie lange kann der Skisport bei dieser Klimaveränderung mir noch einen attraktiven Rahmen für eine wirtschaftlich lohnende Wintersaison liefern? Oder kann mich eine bessere Sommersaison retten? Gibt es überhaupt Alternativen zu Wintersport und Schnee?
Um darauf kompetente Antworten zu bekommen, haben wir zwei Experten gefragt, die es wissen müssen: Franz Schenner aus Mittersill und Markus Redl von der ecoplus Alpin GmbH in St. Pölten. Redl ist auch Geschäftsführer der Bergbahnen St. Corona GmbH, der Erlebnisalm Mönichkirchen GmbH und der Hochkar & Ötscher Tourismus GmbH. Franz Schenner betreibt seit vielen Jahren das branchenübergreifende Meinungsbildungs-„Netzwerk Winter“, das Konzepte und Marketingstrategien für den Winterurlaub in den Alpen entwickelt.
„Sulzschnee war in den vergangenen Wintern aufgrund relativ hoher Temperaturen österreichweit immer wieder auch in höheren Lagen ein Thema – und zwar schon im Hochwinter und somit vor dem ‚Frühlingsskilauf‘,“ sagt Redl. „Wenn es in der Nacht abstrahlt, dann sind die Pistenbedingungen in der Früh exzellent, am Nachmittag wird es weich. Das muss noch lange kein Malheur sein, außer es wird ein unfahrbarer Matsch.“ Den Vorwurf, dass 70 Euro für ein nur eingeschränkt funktionstüchtiges Skigebiet zu viel seien, wehrt er ab: „Bezüglich der preislichen Differenzierung könnten die großen, höhergelegenen Skigebiete im internationalen Vergleich deutlich mehr verlangen. Unser Preisniveau ist derzeit fast zu homogen.“
Franz Schenner
Schenner schimpft auf die mediale Berichterstattung: „‚Unglücklicherweise‘ werden Jahr für Jahr zum Saisonstart die Lift-(Tages)Karten medial thematisiert. Das betrifft aber in erster Linie Tagesskifahrer, die sich keine Saisonkarten leisten wollen oder können. Wenn wir die jährlichen Kostensteigerungen (3-5%) kalkulieren, werden wir in einigen Jahren für die Tageskarte 100 Euro zahlen. Die Gehälter steigen, die Energiekosten auch, weitere Investitionen in die Verbesserung der technischen Beschneiung kosten Geld und das Ganze muss letztlich verdient werden. Skifahren war noch nie ein billiges Vergnügen und wird es auch in Zukunft nicht werden. Von Luxus würde ich nicht reden, aber ganz sicher werden die Kosten für das Skifahren für Normalverdiener eine budgetäre Herausforderung.“
„Die nächste Generation Skifahrer wird wie schon seit Jahrzehnten vom Elternhaus begeistert“, sagt Schenner. „Wenn Eltern nicht Skifahren oder aus welchen Gründen auch immer zum Skifahren aufgehört haben, wird man Jugendliche über den Schulskisport gewinnen können. Dafür haben wir im Salzburger Land maßgeschneiderte kostenlose Anfängerpakete geschnürt. Kinder, die noch nie Ski gefahren sind und in Familien aufwachsen, die keinen Bezug zum Wintersport haben, können, wenn sie auf Wintersportwochen fahren, in drei Tagen kostenlos in der örtlichen Skischule Skifahren lernen und den Rest der Woche gemeinsam mit der Klasse eine herrliche Zeit verbringen. Dieses Angebot wollen wir in den nächsten Jahren nicht nur im Salzburger Land, sondern auch für niederösterreichische, Wiener und burgenländische Schulen weiterentwickeln. Das Ganze ist eine finanzielle Herausforderung, aber immer mehr Kinder wachsen in Familien auf, die keinen Bezug zum Skisport haben und daher über derartige Aktionen begeistert werden müssen.“
Darüber hinaus zeige eine aktuelle Jugendstudie, repräsentativ für Österreich, dass immerhin 30 Prozent der Jugendlichen von 14 – 29 Jahren begeisterte Skifahrer sind und Skifahren mit den Eltern cool finden. „Das sind Jugendliche, die in gehobenen Milieus aufwachsen und deren Eltern sich den Skisport leisten können. Alle Jugendliche zu begeistern, wird uns nicht gelingen. Das war aber in der Vergangenheit auch nicht anders. Mehr als 30 Prozent der Jugendlichen sind auch in den 1960er und 1970er Jahren nicht regelmäßig Ski gefahren.“
Auch Markus Redl macht sich um den Nachwuchs keine Sorgen: „Der Anteil der jungen Skifahrer bleibt seit Jahren stabil und zeigt sogar eine leicht steigende Tendenz. Allerdings werden aufgrund der demografischen Entwicklung die Jahrgänge dünner. Und natürlich haben wir in Österreich mehrheitlich internationale Gäste. Das ist eine Klientel, die sich das Skifahren auch als Urlaubsgäste mit der ganzen Familie leisten kann und will. Dafür wird Gottseidank viel Geld ausgegeben, denn dieser Tourismus hat bei 50 Millionen Skier Days und zig Millionen daraus resultierenden Nächtigungen pro Jahr auch volkswirtschaftliche Bedeutung. Was die Schneesportbegeisterung der heimischen Jugend anbelangt, ist ein Ansatz in Ballungszentren auf Trockenpisten (Dryslopes) erste Rutsch- und Gleiterfahrungen zu sammeln. Auch eine Skihalle könnte früher oder später ein Thema werden. Schneesport hat kulturell eine enorme Breite, da sind Athletinnen wie die Snowboarderin Anna Gasser und generell der Freestyle-Bereich enorm wichtig.“
„Die technische Erzeugung von Schnee ist heute eine unbedingt notwendige Voraussetzung“, sagt Markus Redl. „Der Maschinenschnee ist kompakter als Naturschnee und hält auch zeitweilig höheren Temperaturen stand. Entscheidend sind Kälteperioden zu Saisonbeginn, um in diesen „Schneifenstern“ die sogenannte Grundbeschneiung herzustellen. Heute wird über modernes Schneemanagement, unter anderem mit Satelliten-gesteuerter digitaler Schneetiefenmessung, jeder Kubikmeter Schnee dorthin gebracht, wo er gebraucht wird. Es geht nicht unbedingt darum die Wintersaison nach hinten zu verlängern, sondern Angebot und Qualität der Pisten sicherzustellen. Wir haben es nicht zwingend mit niederschlagsarmen Wintern zu tun; aber wie sich gerade heuer gezeigt hat, ist Dürre im Winter für den Skitourismus nicht unbedingt problematisch. Das sind jedoch Extremwetterereignisse wie Föhnsturm oder Starkregen.“
Markus Redl
„Saisonen verlängern ist de facto sinnlos“, gibt Franz Schenner zu. „Die Menschen haben die Qual der Wahl. Sie können zwischen allen möglichen alternativen Urlaubsangeboten wählen und sind nicht wie wir in unserer Jugend im Winter alleine aufs Skifahren angewiesen. Dass man Saisonen nicht um jeden Preis verlängern kann, sehen wir heuer, wenn Ostern so spät ist und weniger skibegeisterte Fans eher über einen Radl- oder Golfurlaub nachdenken und aufs Firnfahren verzichten.“
„Auch da zeigt die Marktforschung eindeutig, dass es keinen Plan B zum Skifahren gibt“, warnt Schenner. „Mit der Attraktivität des Skisports steht und fällt der Winterurlaub. Auch wenn wir da und dort feststellen, dass Oma, Opa Enkelkinder und Familien begleiten und dankbar sind, wenn sie im Hotel Wellnesseinrichtungen nutzen können und alternativ wandern gehen können. Aber wir brauchen uns keine Sorgen machen, dass wegen höherer Temperaturen der Skisport ausstirbt. Wir werden auch in 20 oder 30 Jahren noch Skifahren können, die Frage wird nur sein, wie viele Menschen sich dieses – wie erwähnt – nicht billige Vergnügen leisten wollen und können.“
Die notwendigen Temperaturen, um in 4 – 5 Tagen die Geschäftsgrundlage Schnee mechanisch zu produzieren, werde es immer geben. Das treffe auch auf Skigebiete zu, die nicht über 1000 Höhenmeter nach oben gehen. Auch in niedereren Skigebieten wird durch die technische Beschneiung wenigstens ein weißes Schneeband präpariert werden können.
„Wir sind in Niederösterreich nicht die einzigen, die sich mit einem Hybridbetrieb auseinandersetzen“, sagt Markus Redl, der in der Region Wiener Alpen und im Mostviertel arbeitet: „Zeitlich, örtlich und funktional parallel zum Schneesport werden auch andere Aktivitäten geboten – wie das Leogang heuer zu Ostern mit ‚Ski & Bike‘ vorexerziert hat. Wir müssen als Branche Erfahrungen sammeln, brauchen Gästefeedback, um besser zu werden. Wir haben auch schon klassische Sommerattraktionen wie Motorikpark, Alpine Coaster (Sommerrodelbahn) oder Zipline im Winter in Betrieb genommen.“
„Mit der Wertschöpfung durch den Schneesport kann derzeit keine andere Aktivität mithalten“, muss auch Redl zugeben. „Ähnlich wie bisher im Sommer wird wohl in Zukunft ein Potpourri an verschiedenen Angeboten das ganze Jahr über, somit auch während des Winters, geboten werden. Wandern gehört da sicher dazu, das kann aber auch ein kurzer Kinderwagen-tauglicher Weg mit toller Aussicht sein, der über eine barrierefreie Bergbahn erreicht wird. Infrastruktur wird mehrfach- oder nachgenutzt.
„Natürlich gibt es bereits solche Angebote, teilweise mit Schneesport kombiniert, teilweise ohne“, sagt Redl. „Was in Zukunft eine größere Rolle spielen kann, ist Naturvermittlung. Im Sommer gehören beispielsweise Naturlehrpfade fix zum Angebot dazu, im Winter haben wir noch vergleichsweise wenig anzubieten – aber hierfür gerade auch im Umfeld der Skigebiete hervorragende Voraussetzungen.“
Franz Schenner: „Dieses Potenzial gibt es nur, wenn die Region, die Seilbahngesellschaft ausreichend in die technische Beschneiung investiert. Ohne technischen Schnee wird das Wintergeschäft ein Lotteriespiel mit Frau Holle. Um diesen Aufwand wirtschaftlich rechtfertigen zu können, müssen genügend Skifahrer diese Kosten refinanzieren. Das geht mit alternativen Angeboten garantiert nicht. Es ist in jeder Region, in jedem Hotel die Frage, wer (am besten gemeinsam) sich den Aufwand leisten kann, damit zumindest in den Hauptsaisonen Schneegarantie versprochen werden kann. Kulinarik ist keine Alternative, sondern mittlerweile Standard in den führenden Regionen.“
„Die Bergbahnen setzen bereits jetzt auf den Sommertourismus!“, sagt Schenner. „Die höheren Temperaturen an den Stränden sind Verkaufsförderer für unsere temperaturmäßig angenehmen Höhenlagen. Noch dazu muss man die nicht mühsam ‚ersteigen‘, sondern kann die Bergbahn da und dort auch zu günstigen Konditionen (Gästekarten) nutzen.“
„Natürlich geht es darum, eine Transformation von der dominanten Logik als Skigebiet hin zu einem ganzjährigen Bergerlebnis anzugehen“, ergänzt Markus Redl. „Wir haben dazu in Niederösterreich mit der ecoplus Alpin GmbH in den letzten 15 Jahren viel Erfahrung gesammelt. Die Wexl Arena und die Wexl Trails in St. Corona am Wechsel gelten international als vorbildlich (z.B. This Austrian ski resort is preparing for a snowless future – The Washington Post), aber natürlich ist auch dort der Prozess noch nicht abgeschlossen. Die Seehöhe allein greift bei der Beurteilung als Standort für Schneesport übrigens zu kurz. Es gibt in Österreich riesige regionale Unterschiede, was jene Seehöhe anbelangt, an der 90 Prozent des Winterniederschlags nicht als Regen fallen. Auch die Mikrolage mit Exposition und lokalen Strömungsverhältnissen, ja sogar die Geologie spielen eine wichtige Rolle.
Im Sommer liegen in den Alpen generell mit relativer Kühle, Wasserreichtum und guter Erreichbarkeit große Chancen, wenn es in Städten oder im Süden unerträglich heiß wird. Leitschnur ist ein ganzjähriger Tourismus, mit möglichst gleichmäßiger Auslastung, wenig Schließphasen in Zwischensaisonen – und unbedingt auch winterlichen Angeboten, die ohne Schnee auskommen. Nach dem Motto: Wenn auf der Langlaufloipe gerade kein Schnee liegt, dann wird dort halt gerollert oder gelaufen. Je nach den spezifischen Voraussetzungen des Standortes gilt es einen Übergang zu organisieren, den wertschöpfungsstarken Skitourismus als Standbein so lange wie möglich mitzunehmen.“
„Die wichtigste strategische Entscheidung ist, welche Pistenflächen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bereits in den Weihnachtsferien funktionieren sollen“, sagt Redl. „Die prioritär zu beschneiende Pistenfläche zu reduzieren, erhöht die relative Schlagkraft der Beschneiungsanlage, macht Ressourcen und Areale für andere Nutzungen frei. Das sind keine einfachen Entscheidungen, denn wer will schon einen Betriebsstandort direkt an der Piste aufgeben? Möglicherweise braucht es wirtschaftliche Ausgleiche. Wie können die Kapazitäten der Beherbergungsbetriebe in Zukunft genutzt werden, ist Mobilität gut möglich? Das sind entscheidende Fragen.“
Franz Schenner macht aus seinem Herzen keine Mördergrube: „Seilbahnen ohne technischen Schnee können sich nur Mäzene leisten. Regionen und Seilbahnen, die die Geschäftsgrundlage ihren Gästen nicht garantieren können, werden im Wettbewerb der Erfolgreichen nicht überleben können.“
„Es gibt Regionen, die damit begonnen haben, dynamische Preise einzuführen“, sagt Schenner. „Alle, die das bisher versucht haben, werden nicht zugeben, dass sie sich mehr erwartet haben. Dynamic Pricing würde nämlich im realen Marketingdeutsch heißen, dass die Preise sinken, wenn die Nachfrage nicht groß ist, müssten aber genauso entsprechend steigen, wenn die Nachfrage, sprich zu Saisonhöhepunkten, hoch ist. In führenden Skigebieten Amerikas kosten Tageskarten bereits über 200 Dollar. Die Jahreskarte dafür aber nur in etwa 1000 Dollar. Ein Anreiz, den ich verstehe, denn ein Skifan, der nicht mindestens 10 Mal im Jahr Skifahren geht, kann auf dieses Vergnügen über kurz oder lang verzichten.“
Markus Redl widerspricht: „Dynamic Pricing ist beispielsweise in der Schweiz gang und gäbe. Wir haben in Niederösterreich soeben die dritte Wintersaison mit flexiblen Preisen absolviert und sehr positive Erfahrungen gemacht, mit unserem hohen Onlineanteil von 60 Prozent im Kundenbeziehungsmanagement sehr viel dazugelernt. Bei Skigebieten lautet das Grundprinzip, dass eine frühere Buchung den bestmöglichen Preis garantiert. Zum Skitag hin steigen die Preise sukzessive an, je nach historischer und aktueller Nachfrage mehr oder weniger stark. Der den Preis in einer definierten Bandbreite bestimmenden Algorithmus wird nur dann ‚overruled‘, wenn aus irgendeinem Grund substanzielle Teile des Skigebietes nicht zur Verfügung stehen.“
„Ruhig und sachlich erklären, dass Wintersport mit seinem hohen Erlebnis- und Erholungswert sicherlich weniger Emissionen verursacht als andere Urlaubsarten (Treibhausgas-Bilanz unterschiedlicher Urlaubstypen)“, rät Markus Redl. „Der mit Abstand wichtigste Faktor ist die Art der Anreise, alles andere beinahe schon Makulatur. Öffentliche Anreise ist von St. Anton am Arlberg bis Semmering sehr gut möglich, hat sich doch der alpine Tourismus – zunächst in der Sommersaison – entlang der Bahnlinien entwickelt.“
„Viele unserer Skigebiete sind bereits fast klimaneutral oder am besten Weg dazu“, behauptet Franz Schenner. „Das Umweltbundesamt bescheinigt den Seilbahnbetreibern, dass sie für die technische Beschneiung, Pistenpräparierung und Beförderung der Gäste ‚nur‘ 1,2 Prozent des gesamten österreichischen Stromverbrauchs nutzen. Wenn wir die Wertschöpfung in Relation sehen, also eine durchaus vertretbare Investition“, findet Schenner. „Wir dürfen uns nicht von linksgrünen Journalisten und Medien vorführen lassen. Ein Winterurlaub trotz Anreise mit dem eigenen PKW ist um ein Vielfaches umweltfreundlicher als eine Kreuzfahrt oder eine Fernreise mit dem Flugzeug. Und ja, je höher das verfügbare Budget, desto größer wahrscheinlich die SPA-Anlagen und Wellnesseinrichtungen in den Hotels. Schneekanonen und -lanzen und die entsprechenden Einrichtungen wie Speicherteiche und Wasserleitungen sind unverzichtbar und alternativlos.“
Bilder: Wexl Arena, Schenner&Partner GmbH, Daniel Hinterramskogler/ecoplus Alpin GmbH, iStock Text: Thomas Askan Vierich
8. Mai 2025
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