MICHAEL SCHNELL IST EIN BODENSTÄNDIGER MENSCH. IN DIE GROSSE, WEITE WELT HAT ES IHN DAHER NIE HINAUSGEZOGEN. INNERHALB VON ÖSTERREICH HAT ER JEDOCH IN ZAHLREICHEN TOURISTISCHEN TOP-DESTINATIONEN GEARBEITET UND NEBEN SEINER TÄTIGKEIT ALS CHEFKOCH AUCH BEREITS MANAGEMENT-AUFGABEN ÜBERNOMMEN. TROTZDEM TRÄUMTEN ER UND SEINE EHEFRAU ANDREA IMMER VOM EIGENEN BETRIEB. MIT DEM SEEHOTEL BELLEVUE IN ZELL AM SEE HABEN SIE SICH DIESEN TRAUM ERFÜLLT.
Beim Besuch im Pinzgau versteht man rasch, warum sich Familie Schnell 2016 für das mondän wirkende 4*-Superior-Haus entschieden hat – oder man glaubt es zu verstehen. Der Hausherr schränkt nämlich ein: „Die Gegend mit der Kombination aus See, Bergen und Gletscher auf engstem Raum ist sicher einzigartig. Und die Aussicht von der Hotelterrasse war für uns das Tüpfelchen auf dem i. Im Vordergrund standen bei der Betriebsübernahme aber schon die wirtschaftlichen Argumente.“
Denn wenngleich die Küche immer sein liebster Arbeitsort war, Michael Schnell kann auch mit Zahlen umgehen. „Ich bin in einem Familienbetrieb aufgewachsen. Da wird einem das unternehmerische Denken quasi in die Wiege gelegt. Auch während meiner Tätigkeit als Koch habe ich mich laufend weitergebildet – mit F&B-Management, spezifischen WIFI-Kursen, Branchen-Networking und einigem mehr. Ich hatte die Selbstständigkeit schon immer als Ziel im Hinterkopf. Ohne Zahlenkenntnis kann man aber keinen eigenen Betrieb eröffnen – in Zeiten wie diesen schon gar nicht.“
Zurzeit pendelt Schnell zwischen Büro und Küche. „Eine 50:50-Aufteilung“, schätzt der BELLEVUE-Gastgeber. „Voraussetzung dafür ist, einen starken Partner an deiner Seite zu haben; meine Frau Andrea ist dieser starke Partner! Auch dass ich in der Küche – wie in allen Hotelbereichen – sehr gute Mitarbeiter habe, die mich kennen, mich unterstützen und auf die ich mich hundertprozentig verlassen kann, ist enorm wichtig. Trotzdem: Kochen ist meine große Leiden-schaft, deshalb werde ich da nie ganz loslassen und mich auf andere Aufgaben konzentrieren können.“
Im Fall seines Seehotels heißt das vor allem, dass Michael Schnell die Küchenphilosophie bestimmt und umsetzt. Im hauseigenen Restaurant SEENSUCHT, in dem Hotel- und Tagesgäste gleichermaßen à la carte bewirtet werden, werden alpin-mediterrane Schmankerln kredenzt. Die Basis seiner Gerichte sind traditionelle Rezepturen aus der Heimat. Diesen regionalen Speisen verleiht er mit einer südländischen Note das gewisse Etwas.
Der kulinarische Cross-over-Stil kommt an – Michael Schnell hat zahlreiche Auszeichnungen wie „Falstaff „-Gabeln, „Gault & Millau“- und „Der Große Guide“-Hauben sowie Kochlöffel im „Schlemmer Atlas“ und wurde vom Busche-Verlag schon zweimal unter die Top-50-Köche Österreichs gewählt. Außerdem können sich die Schnells 2020 mit den Hoteltiteln „Hotel des Jahres“ im Bertelsmann-Verlag sowie im Gault & Millau als eines der „Besten Hotels am Wasser“ in Österreich rühmen. Solche Auszeichnungen sind ihm aber nur bedingt wichtig. „Als Marketing-Tool ist so etwas nützlich, weil es zu unserem Haus und zu unserem Konzept passt. Aber das Ganze zu ernst nehmen und sich unnötig Druck auferlegen sollte man auch nicht, deshalb wollen wir gar nicht mehr Auszeichnungen, als wir jetzt haben. Entscheidend sind ohnehin immer, ein gutes Gefühl bei seiner eigenen Dienstleistung zu haben und die Zufriedenheit unserer Gäste, für die wir Tag für Tag da sind.“
Muss man ein Perfektionist sein, um als Koch zu erreichen, was er erreicht hat? „Nein“, sagt Schnell, „Perfektionismus ist nicht das richtige Wort. Aber eines zieht sich schon durch mein berufliches Leben: Wenn ich etwas mache, will ich es so gut wie möglich machen.“ Für ihn ist und bleibt Kochen ein Handwerk, die schlichte Kombination von Zutaten und vorhandene Rezepte sind die Basis. „Aber es ist einer der schönsten Handwerksberufe, die es gibt, weil er viel Platz für Kreativität lässt.“
Kreativität zeigt Familie Schnell freilich nicht nur am Herd. Das BELLEVUE wurde unter ihrer Regie auch zur Event-Location. Einmal im Monat treten die Hollerstauden, ein bekanntes Pinzgauer Damentrio, auf. Internationales Flair verbreitet die Fabricca Club Band bei „Soul am See“. „Uns sind diese Veranstaltungen sehr wichtig, weil sich dabei Gäste und Einheimische begegnen, miteinander feiern, und eine schöne Zeit genießen“, sagt der Gastgeber, der selbst ein großer Musik-Liebhaber ist und mit seinen Künstlern längst Freundschaft geschlossen hat.
Das BELLEVUE als Begegnungszone erinnert stark an das 19. Jahrhundert, als in Zell am See noch die K.-u.-k.-Prominenz flaniert hat, gleichzeitig aber auch schon erste internationale Gäste dem Charme von Kitzsteinhorn und Schmittenhöhe erlegen sind. Michael Schnell freut diese Parallele, denn er hat sich sehr intensiv mit der Geschichte des Ortes und seines Hauses befasst. Das Jahr 1872, als das BELLEVUE in der Pinzgauer Chronik erstmals erwähnt wurde, ist ein zentraler Punkt des Marketing-Konzepts: Die Premium-Suite und der Weinkeller sind nach diesem Datum benannt. Das Innenleben des Hotels ist trotzdem hochmodern. „Es braucht keine alten Möbel, um die Atmosphäre der damaligen Zeit aufleben zu lassen. Das hat mehr mit einem Lebensgefühl zu tun.“
Bleibt die Frage: Welche Rolle spielt die HOGAST im Seehotel? „Eine große“, sagt Michael Schnell, „weil ich die HOGAST schon durch meine vorigen Stationen kenne und die Zusammenarbeit immer sehr gut funktioniert hat.“ Mehr noch, der Koch mit Unternehmer-Geschick war maßgeblich an der Gründung der Einkaufsgruppe „Pongau XXL“ beteiligt, weil er früh erkannt hat, dass die HOGAST-Lieferpartner auch für seine hochstehende Küche die richtigen Zutaten bereithalten. „Das Niveau der Lebensmittel war schon damals sehr gut und wird immer besser. Das hat auch mit HOGAST.REGIO zu tun – hier setzt die HOGAST genau den richtigen Schwerpunkt. Der Erfolg dieser Initiative zeigt, dass auch kleine Produzenten hochwertige Produkte anbieten.“
Schnell setzt in puncto Regionalität übrigens auch eigene Schwerpunkte. Seit der Premiere im Jahr 2019 ist er eines der Aushängeschilder bei den „Festspielen der alpinen Küche“, die in Zell stattfinden.
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Viele Hoteliers wurden durch COVID-19 an den Rand ihrer Existenz gebracht. Das Seehotel BELLEVUE hat den Lockdown vergleichsweise gut verkraftet. Das hat vor allem auch mit dem kulinarischen Konzept von Michael und Andrea Schnell zu tun. „Wir haben einiges an Umsatz verloren, weil unser Haus auch eine beliebte Location für Hochzeiten und andere Feierlichkeiten ist. Das alles hat im Frühjahr natürlich nicht stattgefunden. Mittlerweile ist die Buchungslage aber wieder okay, vor allem, was die Hotelgäste betrifft.“ Statt Besuchern aus den USA, dem arabischen Raum und Asien haben Österreicher, Deutsche und Schweizer das BELLEVUE als Reiseziel entdeckt. „Damit verbunden ist, dass der Anteil der Direktbuchungen auf 80 Prozent gestiegen ist – das hilft natürlich auch“, freut sich der Hausherr.
Ein weiteres Plus des 4*-Superior-Hotels: Investitionen waren kaum nötig. „Hygiene ist bei uns in der Hotellerie und Gastronomie ohnehin ein wichtiges Thema. Und wir mussten auch kein neues Buffet-Konzept erfinden, weil im SEENSUCHT sogar das Frühstück großteils à la carte serviert wird“, sagt Michael Schnell.
Nur eines macht ihm nach wie vor zu schaffen: „Es ist schwierig, wenn es fast täglich neue oder veränderte Vorgaben gibt. Der bürokratische Aufwand, der dabei entsteht, wäre sicher vermeidbar …“
Titelbild: Neumayr/LEO
13. Oktober 2020
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