www.hogast.com Icon hogast.com Webseite office@hogast.at Icon Emailadresse +43 6246 / 8963-0Icon Telefonnummer Logins Icon Schliesen
myHOGAST öffnen Lieferpartner Zugang
HOGASTJOB öffnen
HOME Ohne Auto verreisen, aber dennoch mobil bleiben

Ohne Auto verreisen, aber dennoch mobil bleiben

Nach Österreich reisen 76 Prozent der Gäste mit dem Auto und nur 7 Prozent mit der Bahn. Im Bahnland Schweiz nehmen immerhin 21 Prozent den Zug. Wie kann man den Prozentsatz erhöhen? Knackpunkt ist die letzte Meile, also der Weg vom Bahnhof zum Hotel. Oder andere Angebote, um auch ohne Auto mobil zu bleiben. Die Menschen sind dazu bereit – wenn man ihnen ein Angebot macht, das sie nicht ausschlagen wollen. Darum geht es in Teil 1 der zweiteiligen Serie von Tourismusscout Thomas Askan Vierich zur Mobilität im Urlaub.

„Willkommen in der Zillertalbahn. Bitte lehnen Sie sich zurück und genießen Sie Ihre Fahrt“, erklärt einem eine freundliche Stimme, wenn man sich in Jenbach auf den Weg nach Mayrhofen macht. Dort tagt mal wieder Tourism Fast Forward, ein Kongress zur Zukunft des Tourismus. Heuer zum Thema Mobilität. Und Nachhaltigkeit. Darüber wie beides zusammenhängt. Viele der folgenden Stimmen habe ich im Europahaus, wo der Kongress tagte, zusammengetragen.

Langsam schlängelt sich die Zillertalbahn durch das herbstliche Tal. Fast aufreizend langsam. Möchte ich jetzt lieber im Auto sitzen? Sicher nicht. Auch wenn man seine Ungeduld nach den 170 km/h im Railjet von Wien nach Zürich etwas zügeln muss. Und man ist ja auch nicht auf Urlaub hier, sondern beruflich. Aber fühlt es sich nicht ein wenig wie Urlaub an?

In Mayrhofen entsteigt der Bahn außer mir eine Frau. Ich werde sie später am Kongress wiedersehen. Zwei Fahrgäste. Wir Beiden werden das Klima sicher nicht retten. Aber wir beide sind froh, dass es die Zillertalbahn überhaupt noch gibt. In Jenbach startet sogar noch eine zweite Schmalspurbahn: die Achenseebahn. Die ist aber anders als die durchaus moderne Zillertalbahn, wirklich eine Nostalgiebahn. Aber sie kann Touristen und Einheimische transportieren.

Es gibt einen Masterplan

Der Mobilitätsmasterplan 2030 des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie verfolgt die Strategie „Vermeiden, Verlagern, Verbessern“. Dazu gehört ganz zentral eine verbesserte Vernetzung verschiedener Verkehrsträger. Den Regionen hilft das Programm klimaaktiv mobil. Es dient zur Beratung, Förderung, Bewusstseinsbildung und zur Aus- und Weiterbildung. Es werden auch Modellregionen für nachhaltigen Verkehr ausgeschrieben. Seit 2022 können auch Destinationen und nicht nur Betriebe das österreichische Umweltzeichen bekommen – nachhaltige Verkehrslösungen sind ein essenzielles Element für eine Zertifikation.

Markus Mailer, Verkehrsexperte an der Uni Innsbruck, warnt: „29 Prozent aller Emissionen weltweit kommen aus dem Verkehr. In Österreich liegt der Anteil sogar noch höher. Und es sieht aus, als würde er sich bis 2050 noch verdoppeln. Selbst wenn wir von einem ambitionierten Szenario ausgehen, werden wir ihn höchstens stabil halten können. Damit können wir die ausgerufene Klimaneutraliätät 2040 vergessen.“

Verkehrswende

Er (und nicht nur er) fordert eine „Verkehrswende“, die aus einer Mobilitätswende und einer Energiewende im Verkehr zusammengesetzt ist. „Wir müssen generell den Energieverbrauch um 50% senken und den Anteil der Energie aus erneuerbaren Quellen um 30% erhöhen. Im Verkehr müssen wir den Energieverbrauch sogar um 70% senken.“ Und da ist ein hoher Energiefresser der touristische An- und Abreiseverkehr.

Das bedeutet: Photovoltaik massiv ausbauen, auf jedes geeignete Dach eine Solaranlage. Und bei der An- und Abreise eine Verhaltensänderung durchsetzen. Um das zu erreichen braucht es Motivation, Fähigkeit und Gelegenheit. Wenn alle drei Faktoren vorhanden und mehrfach vom Gast erfolgreich genutzt werden konnten (Zillertalbahn!), kommt es vielleicht zu einer dauerhaften Verhaltensänderung. Wenn aber das Buchen eines Schlafwagenabteils oder auch nur eines Liegeplatzes im Nightjet bereits Monate vor Reiseantritt scheitert, weil nicht verfügbar, bleibt das Projekt Verhaltensänderung schon in den Startlöchern stecken.

Sich gegenseitig helfen

Die Alpine Pearls ist eine Gemeinschaft von Tourismusbetrieben, die sich die Nachhaltigkeit groß auf die Fahnen schreiben und damit auch aktiv werben. Alpine Pearls wurde 2006 von 17 Mitgliedsorten, den „Perlen der Alpen“, gegründet. Dies war eines der Ergebnisse der zwei EU-Projekte Alps Mobility und Alps Mobility II. Beide gehen auf die Initiative des Österreichischen Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zurück. Der Schwerpunkt lag auf der Schaffung innovativer, nachhaltiger und klimaschonender Tourismus-Angebote. Die Ergebnisse dieser EU-Projekte werden in der alpenweiten, transnationalen Dachorganisation Alpine Pearls in die Realität umgesetzt.

Heute gibt es 19 Orte in fünf europäischen Ländern, die auf sanften, umweltfreundlichen und nachhaltigen Tourismus setzen. „Wir waren unserer Zeit weit voraus“, sagt Präsident Peter Brandauer, seit 30 Jahren Bürgermeister von Werfenweng, einer Gemeinde, die für ihr innovatives, autofreies Verkehrskonzept überregional bekannt ist. „Dann hat das Interesse etwas nachgelassen. Man muss auch immer wieder nachschärfen. Die Mitgliedsbetriebe mehr zu fordern, kam nicht nur gut an.“ Deswegen möchte er die Vorreiterrolle der Alpinen Perlen wiederbeleben.

Es gibt jetzt mit dem Südtiroler Michael Oberhofer einen hauptamtlichen Geschäftsführer und man setzt auf Mobility als Schwerpunktthema. Man will sowohl für Einheimische wie für Gäste Lösungen erarbeiten: „Zweckmobilität mit Mobilitätsgarantie für Urlaubsgäste“, nennt das Oberhofer. Es gehe auch um „umweltverträgliche Spaßmobilität“. Er nennt als gelungenes Beispiel die Seiser Alm, die nur ohne Auto erreichbar ist. Wichtig sei das zu kommunizieren, nach innen und außen. Die Bevölkerung vor Ort mitzunehmen sei am schwierigsten. In den nächsten Jahren wolle man den Öffentlichen Verkehr gerade bei Tagesgästen aktiv bewerben und auch PR bei Einheimischen machen.

ONE Mobility

Wichtig ist Zusammenarbeit, grenzüberschreitende, einheitliche, einfache Zugänge zur Mobilität zu schaffen. Deswegen wurde ONE Mobility vom Bundesministerium ins Leben gerufen, eine Kooperation von ÖBB, VVT, OÖVV und IVB (Innsbrucker Verkehrsbetriebe). Jakob Lambert ist der Geschäftsführer von ONE Mobility. Vieles passiere noch im Hintergrund, sagt er. Ziel sei eine klimafreundliche Mobilität für ganz Österreich. Erster Erfolg ist die Vermarktung des Klimatickets. Bis 2024 will man eine nationale Vertriebsplattform errichten mit einer gebrandeten App plus Webshop für jeden Partner, einem gemeinsamen Portfolio, einer gemeinsamen Kundenbasis, einem gemeinsamen Billing und Clearing plus Lösungen für Vertriebspartner zum Beispiel im Tourismus.

Die letzte Meile

Sollte die Anreise per Zug gelingen (und zu einem wettbewerbsfähigen Preis!) entscheidet die letzte Meile: Wie komme ich vom Bahnhof zum Hotel? Öffentlicher Verkehr ist in vielen ländlichen Destinationen, wenn vorhanden, dann nur spärlich getaktet und für Fremde undurchschaubar. Hier tut Information not: Am besten schon bei der Buchung sollte der Gast darüber informiert werden, wie er öffentlich bis zum Hotel anreisen kann. Ideal wären hier Apps, die wie in manchen Großstädten den ÖPNV abbilden und buchbar (das kann Google noch nicht) machen. Taxis gibt es oft auch, wenn überhaupt, nur in beschränkter Zahl und sie sind teuer.

Eine Behelfskrücke sind bislang Shuttledienste, entweder vom betreffenden Hotel selbst durchgeführt, manchmal auch mit Kollegen gemeinsam oder gar von der ganzen Region organisiert wie in Kärnten. Das Problem: Das rechnet sich nie und bedeutet für den Hotelier einen großen Aufwand. In der Hauptsaison muss er dafür mindestens eine Person abstellen und auch dann kann es zu längeren Wartezeiten für den Gast kommen.

MyBuxi

In der Schweiz wird gerade ein Projekt ausprobiert beziehungsweise ist schon in einigen Regionen im Einsatz: Mybuxi. Geschäftsführer Andreas Kronawitter berichtet: „In der Schweiz gibt es keine Mobilitätsstrategie der Regierung. Die Veränderung des Mobilitätsverhaltens dauert im Schnitt 15 Jahre, das ist die ungefähre Lebensdauer eines Autos. Es wurden in der Schweiz in den letzten Jahren 150 Milliarden Franken in die Verkehrswende investiert, erreicht hat man damit 1% mehr öffentlichen Verkehr. Corona hat bereits 3% davon wieder weggefressen. Die Vorteile des Autos sind scheinbar unschlagbar: Flexibilität und Erreichbarkeit. Das muss eine Alternative ebenfalls bieten. Darüberhinaus muss ein alternatives Angebot alle Zielgruppen ansprechen.“ Wobei er sofort einschränkt: „Männer ab 50 kann man vergessen, die werden ihre Liebe zum Auto nicht mehr aufgeben. Interessanter sind aber Frauen aller Altersgruppen und vor allem die Jungen.“

mybuxi – ein Mobilitätskonzept für den ländlichen Raum

Deswegen hat Kronawitter gemeinsam mit anderen 2018 MyBuxi gegründet: einen Fahrtdienst auf Verlangen am Land. Das Versprechen: Innerhalb von zehn Minuten kommt ein elektrisch angetriebener Kleinbus vorgefahren, der dann während seiner Fahrt zum Ziel noch weitere Gäste aufnimmt. Gebucht wird über eine App. Die virtuelle Haltestelle kann überall in einem bestimmten Gebiet sein, Umwege wegen anderer Fahrgäste müssen einkalkuliert werden, eine Anknüpfung an den öffentlichen Verkehr ist möglich.

MyBuxi wird bislang in vier Schweizer Regionen angeboten: Herzogenbuchsee, Emmental, Gotthard und Belp-Gantrisch. Eine Fahrt mit MyBuxi in der jeweiligen Region kostet nur wenige Franken pro Person – zum Fixpreis. Im Abo kommt es sogar noch günstiger. Möglich machen das öffentliche und private Partner sowie die freiwilligen Fahrerinnen und Fahrer. Die Fahrzeuge werden zum Beispiel von einem lokalen Energieversorger gesponsert. Betriebszeiten sind von frühmorgens bis spätabends.

Zu den Herausforderungen zählten: das Errichten eines Ladenetzes für die E-Autos auf dem Land. Besser geeignet wären Wasserstoffbrennzellenautos, die in wenigen Minuten betankt werden könnten. Aber die gibt es nicht und auch keine Wasserstofftankstellen. Weiters das Aufstellen einer Finanzierung: Das gelang mit Hilfe von staatlichen Förderungen und privater Sponsoren.

Gibt es überhaupt ausreichend Nachfrage? Die Antwort fiel nach einem zehnmonatigen Testbetrieb positiv aus. Man musste 2020 sogar ein zweites Auto in der Region Herzogenbuchsee anschaffen. Umliegende Gemeinden wollen in das Angebot einbezogen werden. Vorteile: Das Angebot kostet einen Bruchteil dessen, was ein örtlicher Bus kosten würde. Und ist bedeutend flexibler. Gleichzeitig stützt MyBuxi auch den vorhandenen ÖPNV: Man nimmt morgens den Bus und fährt abends mit MyBuxi zeitlich flexibel wieder nach Hause.

Mobility as a Service

Damit erfüllt MyBuxi in geradezu modellhafter Weise das, was Markus Mailer von der Verkehrswende fordert: Elektrifizierung, Digitalisierung, Sharing und Automatisierung. Gut, letzteres noch nicht, aber das wird kommen: fahrerlose Kleinbusse für den Ortsverkehr. Solche Angebote nennt man in der Wissenschaft Mobility as a Service (MaaS). Und das kann ganz hervorrragend im Tourismus eingesetzt werden.

Die großen Trends sprechen dafür, dass solche Angebote immer wichtiger und auch genutzt werden: Die Zahl der Autobesitzer bzw. der Führerscheinbesitzer in den Ballungsräumen geht seit Jahren zurück. Die Menschen können immer besser mit digitalen Hilfsmitteln wie einer App umgehen – Jüngere setzen so ein Angebot sogar als selbstverständlich voraus.

Die Zukunft gehört allen integrierten, innovativen Mobilitätslösungen wie Easytravel im Ötztal: ein Gepäcktransport. Der ist Teil des ULTIMOB-Projektes im Ötztal. Im Rahmen dieses laufenden Projektes finden in Form von Pilottests und Demonstrationen Anwendungen, Umsetzungsvorbereitungen und Skalierungen innovativer Personenmobilitätslösungen statt. Weitere Pilotregionen sind Graz Umgebung, der Großraum Salzburg und das Tullnerfeld. Im Ötztal geht es speziell um Angebote, die auch für Touristen interessant sind: die Erprobung von Ride-Sharing, multimodale Knoten an einer Seilbahntalstation sowie Gepäckservices bzw. -logistik.

Ride Sharing, das von Ummadum bereits in Wattens und Schwaz für die Bewohner angeboten wird, um den Pendlerverkehr zu reduzieren, funktioniert über ein Belohnungssystem: Wer jemanden mit seinem Auto mitnimmt, bekommt Punkte, die er oder sie dann bei Partnerunternehmen zum Beispiel für Konsumgüter einlösen kann. Das könnte man auch auf den touristischen Gast übertragen – wer sein Auto stehen lässt und sich Fahrten teilt (zum Beispiel zum Wandern oder für einen Ausflug nach Innsbruck), bekommt ebenfalls Gutscheine – günstigere Liftkarten, Rabatte in Gaststätten, verbilligten Eintritt in eine Therme.

Das Problem bei all diesen Angeboten: Man muss wissen, dass es das überhaupt gibt. Vor allem Ortsfremde müssen darüber informiert werden. Und es wäre wünschenswert, wenn für solche Projekte destinationsübergreifend zusammengearbeitet werden würde. Was aber selten der Fall ist, weil sich jede Region selbst profilieren möchte. Vorbild ist hier Südtirol, da gibt es so etwas regionenübergreifend.

Kernaussagen

„Männer ab 50 kann man vergessen, die werden ihre Liebe zum Auto nicht mehr aufgeben. Interessanter sind Frauen aller Altersgruppen und vor allem die Jungen.“
Andreas Kronawitter, MyBuxi

„29 Prozent aller Emissionen weltweit kommen aus dem Verkehr. In Österreich liegt der Anteil sogar noch höher. Und es sieht aus, als würde er sich bis 2050 noch verdoppeln.“
Markus Mailer, Verkehrsexperte an der Uni Innsbruck

„Wer sein Auto stehen lässt und sich Fahrten teilt, bekommt Gutscheine – günstigere Liftkarten, Rabatte in Gaststätten, verbilligten Eintritt in eine Therme.“
ULTIMOB-Projekt Ötztal

„Wir waren unserer Zeit weit voraus.“
Peter Brandauer, Präsident Alpine Pearls, seit 30 Jahren Bürgermeister von Werfenweng

Lesen Sie im 2. Teil, wie es mit der E-Mobility und den nötigen Ladestationen, um die Datenvernetzung und um Apps für einen nachhaltigen Verkehr bestellt ist.

Titelbild: pixabay
Text: Thomas Askan Vierich
24. November 2022
Zurück Nächster Artikel
office@hogast.at T: +43 (0)6246 8963 - 0
F: +43 (0)6246 8963 - 990

Fragen zu Ihrer Mitgliedschaft oder möchten auch Sie von den Angeboten der HOGAST profitieren? Kontaktieren Sie uns einfach und unverbindlich.

office@hogast.at
Icon Werben Werben im
HOGAST-BLOG/MAGAZIN Icon Werben