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Revolutioniert digitalisierte Delivery das Außer-Haus-Geschäft?

Jede Menge kreative Quereinsteiger bringen mit ihren Formaten frischen Wind in die vielerorts angestaubte Branche.  Da ist auch viel Digitales dabei. Durch den Einsatz von immer mehr Künstlicher Intelligenz soll das Gasterlebnis optimiert werden. Hendrik Haase und Olaf Deininger beschreiben in ihrem Buch „Food Code“, wie digitale Trends die Food- und Gastrobranche beeinflussen. In seiner Keynote auf dem HOGAST Symposium will sich Haase aber auch mit dem Analogen, dem Authentischen, dem was man anfassen kann in der Gastronomie, beschäftigen. Wir haben das Buch gelesen und mit ihm gesprochen.

„Food Literacy (Wissen über Essen) muss heute mit Tech Literacy (Wissen über KI) verbunden sein, wollen wir die Kontrolle über unsere Ernährung behalten.“

„Digitalisierung ist ein entscheidendes Unterscheidungsmerkmal für die Zukunft.“

„Wir müssen darauf achten, dass auch im digitalen Zeitalter der sinnliche Bezug zu den Lebensmitteln, zu unsrem Essen erhalten bleibt.“

Waren Sie schon mal in einem Dinnerclub? Das sind „geheime“ inoffizielle Restaurants ohne reguläre Öffnungszeiten, versteckt in irgendwelchen Hinterhöfen oder Privatwohnungen. Geworben wird nur noch über Social Media, man kann sie nicht einfach aufsuchen, man braucht quasi eine „Einladung“. Hier kochen durchaus Starköche, die keinen Bock mehr auf ihr übliches Business haben. Oder Köchinnen und Köche ohne klassische Ausbildung, aber mit viel Leidenschaft.

Diese „digital geborenen Gastro-Events“ bedienen die Interessen einer Generation von Foodies, für die sie zu neuen kulinarischen Rock- oder Clubkonzerten werden. Also überwiegend jüngeren Leuten, die ebenfalls von den gewöhnlichen gastronomischen Konzepten gelangweilt sind. Systemgastronomie? Das ist ja wirklich das Letzte! Fine Dining? Ok, Boomer! Hauben oder Sterne? Who cares! Wichtig ist, was andere Foodies schreiben und auf diversen Bewertungsplattformen hinterlassen.

Der Gault Millau ist für diese Generation längst nicht mehr die Bibel. Das klassische Wirtshaus ist aber auch nicht mehr cool. Was zählt sind radikale Regionalität, ein Personal, das mit Persönlichkeit punktet statt mit steifen Manieren, ein Koch (noch besser eine Köchin!) mit Fantasie (unbedingt auch vegane Gerichte!) und ökologischem Bewusstsein. Überhaupt ist alles erwünscht, was irgendwie ANDERS ist. Können Sie und ihr Personal da mit? Wollen Sie das überhaupt? Vielleicht müssen Sie…

Ghost Kitchens & neue Türsteher

Jaydeep Barman und Kallol Banerjee gründeten 2011 ihr Unternehmen Fanatic Activism against Substandard Occidental Shit, kurz FAASOS. Heute heißt es Rebel Foods und betreibt in 35 indischen Großstädten rund 2.200 Restaurants, die nur im Internet existieren, sowie 301 Ghost Kitchens, die mit diesen verbunden sind. Rebel Foods ist der größte Ghost-Kitchen-Betreiber in Indien. Ihre App wurde bislang mehr als vier Millionen Mal heruntergeladen. Monatlich werden 600.000 Kunden bedient, täglich rund 22.000 Bestellungen abgewickelt.

Um solche Ghostkitchen betreiben zu können, braucht es Lieferapps von Delivery-Unternehmen. „Die Liefer-Apps sind damit die neuen Türsteher der Gastronomie geworden“, schreiben Hendrik Haase und Olaf Deininger. „Dank des immer größer werdenden Datenpools könnten diese digitalen Türsteher schon in Kürze ihre eigenen, höchst effizienten und gleichzeitig perfekt auf die Kundenbedürfnisse zugeschnittenen Gerichte nur für das Liefergeschäft entwickeln und vermarkten.“ Ghost Kitchens dürften dafür der analoge Koch-Dienstleister sein.

Digitalisierung & Roboter

Das deutsche Startup DaVinci Kitchen will die Systemgastronomie revolutionieren. Denn die Maschine brauche keine Pausen und ermögliche angeblich „die hohe, gleichbleibende Qualität eines Spitzenkochs an jedem Ort“. Das Startup Creator brachte eine vollautomatisierte kleine Produktionsstraße für Hamburger auf den Markt – für Showküchen, also Front-Cooking, nur ohne Köche. Digitale Technik dringt immer tiefer in die Lebensadern der Restaurants ein. Sensoren in Zapfanlagen, wie sie etwa das deutsche Startup smart-schank anbietet, ermöglichen mit einer Durchflussanalyse die genaue Kontrolle der Abgabe und Analyse des Verkaufs und können im Verbund mit dem Bestellsystem millilitergenau abrechnen.

Das Startup Matcha bietet ein Weinverkaufs-Chatbot an, das in „Echtzeit mit Ihren Lagerbeständen verbunden ist, Ihre Kunden online und im Geschäft mit maßgeschneiderter Fachberatung begleitet“. Haase und Deininger listen viele solcher Beispiele auf.

Starbucks Deep Brew

Die Coffeeshop-Kette Starbucks arbeitet an einer App namens Deep Brew, die mithilfe künstlicher Intelligenz die Abläufe in der Zentrale und den Filialen optimieren soll: „Deep Brew wird zunehmend die Arbeitsteilung und die Arbeitsanweisungen in den Geschäften optimieren, das Bestandsmanagement in unseren Cafés vorantreiben und unser personalisiertes Marketing steuern“, zitieren Haase und Deininger Durga Doraisamy, Director Investor Relations bei Starbucks Coffee Company. Deep Brew soll nicht nur ein Vorliebenprofil der Kunden erstellen, die per App bestellen, es soll auch erkennen, wie stark diese Vorlieben von Wetter, Temperatur, Tageszeit und Wochentag abhängig sind.

Auch die Service-Erfahrung soll optimiert werden: Erhält ein Geschäft etwa eine digitale Bestellung für vier Iced Latte, während der Kunde aber noch 15 Kilometer entfernt im Auto sitzt, prognostiziert das System auf Basis aktueller Verkehrsdaten die wahrscheinliche Ankunftszeit und errechnet den Zeitpunkt, wann die Bestellung zubereitet werden muss, damit sie kalt und mit Eiswürfeln ins Auto gereicht werden kann.

„Digitalisierung ist ein entscheidendes Unterscheidungsmerkmal für die Zukunft“, meint Doraisamy. Der Wettbewerb zwischen Kaffeeketten werde also künftig dadurch entschieden, wer über die bessere künstliche Intelligenz verfügt.

Kamerüberwachung in der Küche

Im Juli 2019 meldete die 1960 gegründete internationale Schnellrestaurantkette Domino’s Pizza, dass sich die Bewertungen, die Gäste für die Qualität der Pizza abgegeben haben, in Australien und Neuseeland um 15 Prozent verbessert hätten. Der Grund lag in der Einführung des DOM Pizza Checker. Das Kamerasystem überwacht die Zubereitung. Stellt es etwa eine fehlende Zutat fest, zu wenig Salami oder Schinken oder zu viel Tomatensauce, gibt es eine Warnmeldung ab und sorgt bei den Gästen (und dem Filialleiter) für Sicherheit, was zu besseren Bewertungen führt. Nun wird in der Konzernzentrale überlegt, ob das System weltweit eingeführt werden soll.

Das Startup Dragontail geht noch einen Schritt weiter. Es bietet dem Gastronomen eine Komplettlösung, die alle wichtigen Komponenten integriert:

  • Kameraüberwachung und automatische visuelle Qualitätssicherung
  • Zeitmanagement für die Köche bei Menüs mit beliebig vielen Gängen
  • Definition der Vorbereitungszeiten, basierend auf den individuellen Fähigkeiten der Mitarbeiter
  • Abschätzung und Definition der Packzeiten auf Basis der aktuell in der Schicht befindlichen Personen
  • Planung der genauen Anzahl von Fahrern für jede Stunde eines jeden Tages
  • Fahrzeitberechnung für beliebig viele verschiedene Standorte unter Berücksichtigung von Jahreszeiten, Wetterlagen, Fahrzeugtyp, Tageszeit und aktueller sowie künftiger Verkehrssituationen
  • Schätzung der Transaktionszeit der Lieferung, basierend auf den
  • Eigenschaften der Empfänger-Standorte – Einfamilien- oder Hochhäuser, Anzahl der Stockwerke etc. – und der Zahlungsart

Hendrik Haase wird beim HOGAST-Symposium im Oktober 2022 in Salzburg auftreten

Analoge Gegentrends: Mensch kostet extra

Wie bei jedem Trend oder Hype gibt es auch das Gegenstück. Viele Gastronomen, besonders in der gehobenen Sparte, sind bereits genervt von den ständig ihr Essen fotografierenden Foodies – auch wenn die theoretisch kostenlos und wirkungsmächtig Werbung für sie machen. Juan Amador, Österreichs erster Dreisternekoch, hat alle Foodie-Instagramer aus seinem Restaurant in Wien verbannt. Viele arrivierte Sterneköche handhaben das mittlerweile ähnlich. Billy Wagner, Gründer und Wirt des radikal-regionalen Gourmetrestaurants Nobelhart & Schmutzig in Berlin, verlangt von seinen Gästen, dass sie den Abend bei ihm gefälligst zelebrieren und sich ganz ihren analogen Sinnen hingeben.

Wagner spricht damit aus, was viele junge und engagierte Wirte mittlerweile denken. Das bedeute eben, sagt Wagner kategorisch, sich dem Gegenüber am Tisch wirklich zuzuwenden, die Speisen zu würdigen, den Abend als Ereignis wahrzunehmen – und auf Fotos zu verzichten. Man könnte hier allerdings einwenden, dass das bei seinen gesalzenen Preisen eine recht paternalistische Anmaßung gegenüber dem Gast ist. Der Wirt als teurer Erzieher?

Aber nicht nur die eher technikkritischen Babyboomer (zu denen Wagner nicht gehört, er ist eher Generation X oder jünger) verbannen Social Media aus ihren Speisesälen, auch manche Millennials kehren zum Analogen zurück. Der Kellner, der einen nach Old-School-Manier bedient, ist bei ihnen wieder en vogue. Zumindest bei manchen.

Der Beruf des Kellners hat also noch Zukunft. Berufe, die eine „menschliche Fassade“ benötigen, werden generell noch lange davor verschont bleiben, durch die Algorithmen der künstlichen Intelligenz ersetzt zu werden. Immerhin das ist eine gute Nachricht für das Peoplebusiness Gastronomie, Hotellerie und gerenell dem Tourismus.

„Wer in Zukunft von einem Menschen bedient werden möchte, wer auf persönliche Beratung Wert legt, der wird diesen Service als eigenes Produkt präsentiert bekommen“, schreiben Haase und Deininger. „Sie wollen mit einem Menschen sprechen, ein Gesicht sehen, von einem wirklichen Koch bekocht werden? Gerne, aber das kostet extra.“ Je virtueller die Welt wird, desto wichtiger werde Authentizität.

Food 4.0?

Am Ende ihres Buches, in dem es auch um die Lebensmittelproduktion, um eine „neue“ Landwirtschaft geht, schreiben Haase und Deininger: „Wir haben gezeigt, dass die neuen Technologien es ermöglichen, die Lebensmittelerzeugung nachhaltiger zu machen, uns darin unterstützen, bei den Lieferketten Ressourcen und Energie einzusparen, Lebensmittelverschwendung zu reduzieren und für gesündere Lebensmittel zu sorgen, weil Verbraucher schnell problematische Zusatzstoffe erkennen und darauf reagieren können.

Andererseits drohen Risiken und Gefahren durch Monopolisierung, durch nicht mehr durchschaubare, extern kontrollierbare Verfahren und Abläufe, die unsere Freiheit auf den Tellern, als Verbraucher, Kunde oder Gast und die Lebensmittelvielfalt sowie den Genuss ganz allgemein weiter einschränken könnten.“ „Wir müssen darauf achten, dass auch im digitalen Zeitalter der sinnliche Bezug zu den Lebensmitteln, zu unsrem Essen erhalten bleibt.“, fordert Haase im Gespräch.

„Wir Menschen müssen lernen, mit KI zu kommunizieren. Dazu müssen wir wissen, was sie kann und was nicht“, zitieren Haase und Deininger Janelle Shane, Autorin eines Buches über Künstliche Intelligenz. Die Vorstellung einer allwissenden künstlichen Intelligenz, wie wir sie aus Science-Fiction-Filmen kennen, würde da nur bedingt weiterhelfen, denn die KIs von heute wären schon verrückt genug. Lebensmittelproduktion, Kochen und Essen sind jedoch äußerst komplexe Sachverhalte, die geradezu prädestiniert sind für Fehlfunktionen oder das Galoppieren in die für uns falsche, für den Algorithmus aber völlig richtige Richtung.

Haase fordert uns alle auf, nicht nur die Gastronomen, sich mit diesen technologischen Entwicklungen auseinanderzusetzen. Und nicht den Kopf in den Sand zu stecken. Wer sich verweigert, wird die Entwicklungen nicht aufhalten. Er wird sie nicht beeinflussen und am Ende zu ihrem Opfer. Detox kann ein Konzept sein, auch eine Haltung. Aber es ist vielleicht kein Geschäftsmodell mit Zukunft. Oder nur für sehr wenige. Die anderen sollten die Chancen der Digitalisierung aufgreifen und kreativ umsetzen. „Noch können wir die Weichen selbst stellen“, sagt er im Gespräch. Und meint damit auch die Politik. Aber auch die Gastronomie und Hotellerie. Digitales mit Analogem verbinden!

Denn die Gäste der Zukunft werden vermutlich sehr viel digitaler denken als der Gastronom alter Schule. Wenn der dieser Zielgruppe mit alten Konzepten kommt, wird er sie nicht begeistern – und letztlich an die digitalisierte Systemgastronomie verlieren. Auch preislich wird er nicht mehr mithalten können. Schon jetzt habe die Milchindustrie in Deutschland Absatzprobleme, sagt Haase. Weil so viele Deutsche zur Hafer- oder Mandelmilch greifen.

Wir dürfen gespannt sein auf seine Keynote am 19. Oktober 2022, wo er diese Punkte noch tiefgehender ausführen wird.

Fotos: iStock, Anika Mester (Foto Hendrik Haase)
Autor: Thomas Askan Vierich
6. September 2022
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