www.hogast.com Icon hogast.com Webseite office@hogast.at Icon Emailadresse +43 6246 / 8963-0Icon Telefonnummer Logins Icon Schliesen
myHOGAST öffnen Lieferpartner Zugang
HOGASTJOB öffnen
HOME „Unsere Natur ist immer noch einer der wichtigsten Buchungsgründe“

„Unsere Natur ist immer noch einer der wichtigsten Buchungsgründe“

Mit Jänner 2024 ist Ingrid Schneider als Geschäftsführerin des Verbandes der Tiroler Tourismusverbände (VTT) gestartet. Zusammen mit dem VTT-Vorstand – an der Spitze Obmann Benjamin Kneisl – wird mit dem neuen Ausbildungsprogramm für regionale NachhaltigkeitskoordinatorInnen Neuland betreten. Gelegenheit mit den beiden Tourismusprofis über weitere Herausforderungen, Chancen im (Tiroler) Tourismus und zukunftsfitte UnternehmerInnen zu sprechen. Die Fragen stellte Tourismusscout Thomas Askan Vierich. Teil 2 des Gesprächs.

Ändern sich die Touristengruppen, die zu Ihnen kommen?

Ingrid Schneider: Unsere etablierten Herkunftsmärkte Österreich, Deutschland, Niederlande und Schweiz gestalten sich sehr stabil. Die Entwicklung weiterer Märkte hängt zum Teil stark von der geopolitischen Situation ab. Gäste aus Russland sind zur Gänze weggebrochen. Gäste aus Nordamerika nehmen wegen des günstigen Wechselkurses wieder zu. Wir hatten auch Zuwächse aus Asien – bis uns die Corona-Epidemie da einen dicken Strich durch die Rechnung zog.

Was sind das für Gäste aus Asien?

Ingrid Schneider: Immer mehr private Individualreisende! Weniger Gruppen. Und die sind für uns sehr attraktiv, vor allem aufgrund einer hohen Wertschöpfung in der Gastronomie und beim Shoppen. Allgemein betrachtet sind ein Viertel bis ein Drittel unserer Gäste Familien mit kleineren und schulpflichtigen Kindern. Ansonsten viele Paare. Und natürlich wird die Generation 60plus für uns immer interessanter.

Die dann auch gerne zu den Randzeiten kommen – abseits der Schulferien.

Ingrid Schneider: Auch im Sommer!

Spüren Sie den Trend zur Sommerfrische? Bleiben die Sommergäste länger? Kommen vielleicht auch Gäste aus dem immer heißeren Mittelmeerraum?

Ingrid Schneider: Wir hatten im Tourismusjahr 22/23 erstmals mehr Ankünfte im Sommer als im Winter. Im Sommer 6,3 Mio und im Winter 5,8 Mio. Aber die durchschnittliche Aufenthaltsdauer ist im Sommer kürzer, weil Tirol oft nur die Zweit- oder Drittreisedestination ist. Die Menschen verbringen bei uns im Sommer nicht ihren Haupturlaub. Dafür fahren sie dann doch ans Mittelmeer oder machen eine Fernreise. Dennoch wird unser Sommerangebot angesichts des Klimawandels immer attraktiver.

Um das auszubauen, helfen da Angebote wie Workation?

Ingrid Schneider: Das ist wichtig, aber es bleibt ein Nischenangebot. Auch wenn zur Coronazeit das Homeoffice so beliebt war. Das hat sich wieder eingependelt, da sollte man nicht allzu hohe Erwartungen haben. Wichtig für den Ausbau der touristischen Sommersaison sind attraktive regionale Angebote, wie es sie vielfach zum Beispiel in Form von Gästekarten bereits gibt. Auch das Angebot der Bergbahnen im Sommer wurde in den letzten Jahren sukzessive ausgebaut. Da helfen gute Umsätze im Winter, die das gegenfinanzieren.

Die Wertschöpfung im Winter ist immer noch deutlich besser als im Sommer?

Ingrid Schneider: Ein Drittel mehr ungefähr.

Benjamin Kneisl: Besonders für jüngere Gäste ist das Sommerangebot in den Bergen attraktiver geworden. Das hat viel mit Aktivsport zu tun, Mountainbiken, hochalpines Wandern. Da geht es um das erhabene Gefühl einen Dreitausender gemacht zu haben – vielleicht noch bei Sonnenaufgang. Unsere Natur ist immer noch einer der wichtigsten Buchungsgründe. Wenn dann noch die aktiven Senioren dazukommen…. Und wir es mit einer Besucherlenkung schaffen, unsere Berge an 365 Tagen im Jahr attraktiv zu machen. Die Winter werden vielleicht kürzer, dafür die Sommer länger. Man kann bei uns im Oktober am Gletscher schon Skifahren oder man geht eben wandern, weil es noch warm genug ist.

Ingrid Schneider: Das macht aus unseren Betrieben Ganzjahresbetriebe. Das ist gerade bei der MitarbeiterInnensuche sehr wichtig. Und ist auch ein Nachhaltigkeitsthema. Die Frage, ob sich der Sommertourismus für die Betriebe lohnt, darf man in diesem Zusammenhang daher nicht eindimensional betrachten.

Was tut sich beim Thema Mobilität in Tirol? Bei der letzten Meile?

Benjamin Kneisl: Das wird für uns immer wichtiger. Und da tut sich nicht nur im Ötztal sehr viel. In Sölden haben wir seit Sommer eine neue Parkraumbewirtschaftung. Das dort erwirtschaftete Geld soll jetzt für Ruftaxis eingesetzt werden. Das Problem beim ÖPNV in ländlichen Regionen ist oftmals die Finanzierung. Irgendjemand muss das bezahlen. Wir haben den ÖPNV in der Sommergästekarte bereits integriert. Das gehört natürlich auch zu unserer Nachhaltigkeitsstrategie.

Trotzdem quälen sich zur Ferienzeit die Autokolonnen durch die engen Tiroler Täler…

Benjamin Kneisl: Man muss beide Gruppen – die Einheimischen sowie die Gäste – dazu motivieren, das Auto stehen zu lassen. Es ist uns gelungen, die Taktzeiten der Busse zu erhöhen. Der ÖPNV muss auch für die Einheimischen attraktiv sein. Mobilität kostet die Tourismusverbände sehr, sehr viel Geld. Wir haben einfach große Distanzen. Das Ötztal ist vierzig Kilometer lang. Und nicht alle wohnen unten im Tal. Es hat schon Testversuche mit Elektrobussen gegeben, die sind dann die steilen Passstraßen mit einer Batterieladung nicht hochgekommen. Innerorts fahren aber bereits Elektrobusse.

Und dann haben wir das Problem der Spitzenzeiten. In der Hauptsaison müssen wir zehnmal so viele Gäste durch das Ötztal transportieren. In den Bergregionen hat man auch mit Schnee zu kämpfen. Das sind schon andere Herausforderungen als im städtischen Bereich. Das können wir ohne die öffentliche Hand nicht stemmen. Zur Lösung tragen Projekte wie die Parkraumbewirtschaftung bei. Und unsere Angebote werden von den Gästen gut angenommen. Momentan arbeiten wir eher an den Einheimischen. Für die gibt es die Ötztalcard – da sind schon viele Angebote inkludiert. Einen Beitrag leistet auch unser neuer Radweg durchs Ötztal, der wird überwiegend von Einheimischen frequentiert.

Um Kosten zu senken, könnte man selbstfahrende Busse wie in Hamburg einsetzen…

Ingrid Schneider: Autonomes Fahren wird in Zukunft sicher eine Rolle spielen. Was es in Tirol zum Thema CO² Reduktion aktuell gibt, sind Pilotversuche mit alternativen Treibstoffen. Und vergessen Sie nicht die Elektromobilität. Das Mobilitätsverhalten ändert sich!

Benjamin Kneisl: In dem Zusammenhang setzen uns auch die Kurzaufenthalte vor Herausforderungen. Früher sind die Gäste von Samstag bis Samstag gekommen, jetzt reisen sie ununterbrochen an. Hier kann uns auch die Besucherlenkung helfen. Darunter verstehe ich auch Dynamic Pricing. Das findet auch bereits statt. Auch bei den Seilbahnen. Aber da kann man noch mehr machen.

Ingrid Schneider: Da wird uns auch die KI helfen. Ein Tiroler Unternehmen hat beispielsweise die Webapplikation „Green Travel Alternatives“ entwickelt, die bei Tourismusbetrieben und -verbänden bereits im Einsatz ist. Dort kann ich als Gast eingeben, ich möchte z.B. aus Hamburg an einem bestimmten Tag anreisen. Die App spuckt dann aus, wie lange ich dafür mit dem Auto oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln brauche. Und das kann zu Spitzenzeiten mit vielen Staus sehr unterschiedlich sein. In einer Ausbaustufe können auf Basis von Algorithmen auch alternative Reisedaten vorgeschlagen werden. Das ist natürlich ein Informationsthema und da können wir als VTT helfen und aufklären, was alles möglich ist. Die Bereitschaft auf Seiten der Gäste ist durchaus da, man muss ihnen nur kommunizieren, was alles möglich ist. Das merkt man gerade am österreichischen Markt: Die ÖsterreicherInnen kommen schon zu 20 Prozent mit der Bahn. Es gibt in Tirol unter anderem so genannte Mobilitätscoaches, die unsere Betriebe darauf sensibilisieren, was es im Bereich ÖPNV schon für Angebote gibt und wie man diese an die Gäste kommuniziert. Den Gästen zum Beispiel auf der Homepage zu erzählen, wie man öffentlich anreisen kann. Und wie man sich vor Ort ohne Auto fortbewegen kann.

Ich sehe schon, da ist einiges in Bewegung in Tirol…

Benjamin Kneisl: Wir sind vielleicht Weltmeister in der Gästeakquise. Aber in der internen Kommunikation vielleicht doch noch eher Kreisklasse. Je mehr unsere Gastgeber informiert sind, desto besser. Das ist für uns ein ganz wichtiger Aufgabenbereich.

Da geht es auch um die berühmte Tourismusakzeptanz….

Benjamin Kneisl: Da geht es vor allem um Information! Viele haben aus dem Blick verloren, was unser Tourismus auch für die Einheimischen leistet.

Ingrid Schneider: Das kann ich nur unterstreichen. Die wirtschaftliche Bedeutung des Tourismus ist unbestritten. Die Frage ist, wie ich persönlich als Einheimischer davon profitiere. Das fängt bei Versorgungseinrichtungen an oder bei einem gut ausgebauten ÖPNV, der ohne den Tourismus gar nicht möglich wäre.

Benjamin Kneisl: Oder nehmen Sie die Kinderbetreuung. Hotelbetriebe öffnen diese zum Teil auch für Einheimische, um ein Zusatzangebot zu kommunalen Einrichtungen bieten zu können. Das kann man noch viel flexibler gestalten. Auch die Gesundheitsversorgung profitiert vom Tourismus.

Ich danke für das Gespräch und wünsche Ihnen weiterhin viel Kraft dabei, den Tourismus in Tirol auf weltmeisterlichem Niveau zu halten.

Hier geht es zu Teil 1 des Interviews.

Titelbild: Jarisch Manfred
Text: Thomas Askan Vierich
15. März 2024
Zurück Nächster Artikel
office@hogast.at T: +43 (0)6246 8963 - 0
F: +43 (0)6246 8963 - 990

Fragen zu Ihrer Mitgliedschaft oder möchten auch Sie von den Angeboten der HOGAST profitieren? Kontaktieren Sie uns einfach und unverbindlich.

office@hogast.at
Icon Werben Werben im
HOGAST-BLOG/MAGAZIN Icon Werben