„50 Prozent des Erfolgs sind die Menschen, die dahinterstehen“

Bettina und Mark Wiesinger – Hotelière & Interior-Designer – die das Stadtrefugium Hotel & Villa Auersperg in Salzburg in der dritten Generation führen, sind ein kreatives Duo, das mit Begeisterung und Überzeugung alternative Ideen lebt. Ihr Hotel ist ein Pionierbetrieb der Gemeinwohlökonomie, einer neuen Wirtschaftsform, die das Wohl aller in Betracht zieht. Hier gehen Nachhaltigkeit und hohe Qualität Hand in Hand.

„Wie tragen wir mit unserem Unternehmen dazu bei, dass es der Umwelt und den Menschen dient?“ Eine Frage, die seit jeher eine große Rolle im Auersperg spielt. Bettina Wiesinger glaubt nicht, dass ihr Hotel damit ein Alleinstellungsmerkmal hat: „Ich glaube, dass viele Hoteliers das Ansinnen haben, ein Hotel so zu führen, dass es allen gut geht.“

Das Hotel & Villa Auersperg ist seit 2014 Pionierunternehmen der Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ), ein Wirtschaftsmodell mit dem Ziel eines guten Lebens für alle auf einem gesunden Planeten, basierend auf den Werten Menschenwürde, Solidarität, ökologische Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit.

Nachhaltigkeit bedeutet dabei auch Konsumreduktion. Neben Preisbewusstsein stehen immer mehr Qualität und Langlebigkeit im Mittelpunkt. Der bewusste Umgang mit den Produkten und Reparaturen tragen zur Verringerung des Verbrauchs bei.

Nachhaltigkeit zeigt sich auch im Garten, wo Blumen gepflanzt werden – sie erfreuen im Sommer nicht nur die Gäste, sondern bieten auch den summenden Bewohnern der hoteleigenen Bienenstöcke ein Paradies. Und hiervon stammt auch der Blütenhonig, der jeden Morgen, zusammen mit einer abwechslungsreichen Auswahl an regionalen Spezialitäten und hausgemachten Aufstrichen, das Frühstücksbüfett bereichert.

Im Streben nach Abfallvermeidung werden auch im F&B-Bereich möglichst keine Ressourcen verschwendet. Croissants vom Frühstücksbuffet, die nicht verbraucht werden, werden in aromatische Scheiterhaufen verwandelt, während nicht verzehrte Semmel einen neuen Zweck als Knödelbrot finden.

Sichtbar ist der Zero-Waste-Prozess, der 2020 im Hotel eingeleitet wurde, auch in vielen weiteren Bereichen. Die Biokosmetik stammt von einem regionalen Partner und die Hausschlapfen bestehen aus biologisch abbaubarem Material. Zudem wurde jede Verpackung mit der Einladung an den Gast versehen, die Verwendung der Slippers nochmals zu überdenken.

In der Minibar ist eine Nachricht platziert, die darauf hinweist, dass die Hotel-Verantwortlichen der Überzeugung sind, dass Getränke selbst nach ihrem Mindesthaltbarkeitsdatum noch genießbar bleiben. Es ist eher eine Seltenheit, dass abgelaufene Getränke in der Minibar zu finden sind und wenn doch, so liegt das Mindesthaltbarkeitsdatum in der Regel nur wenige Tage zurück. Es sei eine Unkultur, das Mindesthaltbarkeitsdatum nicht zu hinterfragen, findet Wiesinger.

Zusätzliche Bäume gepflanzt

Großen Wert legen die Verantwortlichen auch auf ökologisch nachhaltige Investitionen. In den letzten Jahren wurde die thermische Sanierung stark vorangetrieben, die Dämmung verbessert, hochwertige Fenster eingesetzt und Sonnenschutzfolien angebracht. Photovoltaik war bis dato aufgrund der hohen Auflagen der Altstadterhaltung nicht durchführbar.

Doch der Fokus liegt nicht nur auf dem Innenbereich: Um einen nachhaltigen Außenbereich zu gestalten, wurden sämtliche Außenmauern begrünt und zugunsten von Bäumen Parkplatzflächen aufgegeben.

Zusätzlich wandte sich Mark Wiesinger im vergangenen Jahr mit einem Antrag an die Stadtverwaltung, doch auch die breiten Straßen in der Stadt, nach Wiener Vorbild, mehr zu begrünen. Mit Erfolg: 2023 wurden zusätzliche Bäume in unmittelbarer Hotelnähe gepflanzt.

Unter den 50 Mitarbeitern befinden sich viele langjährige Mitarbeiter, die aus 25 Nationen stammen. Foto: Leo/Neumayr

„Den Erfolg zu teilen macht Freude“

Eines steht für Bettina Wiesinger fest: „50 Prozent des Erfolgs sind die Menschen, die dahinterstehen.“ Sich dessen bewusst, werden Löhne über dem Kollektivvertrag bezahlt, flexible Arbeitszeitmodelle wie eine 4-Tage-Woche ermöglicht, die Mitarbeiter finanziell bei der Kinderbetreuung unterstützt, Gesundheitsprogramme angeboten und die soziale Gemeinschaft durch einen Mitarbeiter-Stammtisch und gemeinschaftliche Ausflüge gefördert. Auch Bustickets und Sprachkurse werden finanziert. „Unsere Mitarbeiter sollen gestärkt ihren Arbeitsplatz verlassen“, unterstreicht die Hotelchefin ihr Anliegen.

Unterstützt werden auch Menschen mit Beeinträchtigung, die hier die Möglichkeit haben, wieder in das Arbeitsleben einzusteigen. Und über den von Frau Wiesinger so sehr geschätzten Verein „Rettet das Kind“ bekommen Jugendliche mit Entwicklungsverzögerungen nach ihrer Pflichtschulausbildung die Möglichkeit, im Auersperg eine Lehre zu absolvieren.

Wichtig sei die Teammitarbeit, erklärt Wiesinger. „Denn wenn ein Team stark ist, dann kann man auch Schwächere mittragen.“ Unter den 50 Mitarbeitern befinden sich viele langjährige Mitarbeiter, die aus 25 Nationen stammen. „Wir haben ein sehr stabiles, buntes Team, ich bin sehr glücklich und unglaublich dankbar, mit so wunderbaren Menschen zusammenzuarbeiten“, erklärt sie.

Ihr ist es wichtig, die Menschen nicht nur fachlich zu schulen. So fanden in der Vergangenheit Workshops zum Thema „Miteinander“ und „GFK – Gewaltfreie Kommunikation“ nach Marshall B. Rosenberg statt und mit der „Auersperg Soul Academy“ wird es künftig ein erweitertes Angebot für Persönlichkeitsentwicklung, Yoga- und Meditationskurse sowie Coachings geben.

Wichtig ist der Hotelchefin auch die finanzielle Mitarbeiterbeteiligung. „Ich war lange Jahre auf der Suche nach einem passenden System“, erklärt sie. Durch das Mitarbeiter-Beteiligungssystem, das vor acht Jahren eingeführt wurde und auf der Gemeinwohl-Ökonomie beruht, wird jährlich ein stolzer Betrag als Mitarbeiterbeteiligung zur Verfügung gestellt. „Den Erfolg zu teilen macht Freude“, so die Hotelchefin.

„Wir haben ein sehr geringes Budget für Werbung und Marketing, dafür umso mehr für die Mitarbeiter“, erklärt Wiesinger. „In die Mitarbeiter, die Qualität und begeisterte Gäste zu investieren ist die sinnvollste Werbestrategie.“

Ihr Blick für das Wohl der Menschen reicht über die Mitarbeiterebene hinaus. So werden Räumlichkeiten im Hotel für die Straßenzeitung Apropos und für die GWÖ Regionalgruppe Salzburg zur Verfügung gestellt und gerne unterstützt, wenn Hilfe benötigt wird.

Ein Haus mit einer besonderen Vision

Bettina Wiesinger liebt, was sie tut. „Ein Hotel ist so vielseitig, dass man alles leben kann, was man möchte“, erzählt sie mit großer Dankbarkeit für diese Freiheit.

Vorgezeichnet war ihr Weg keineswegs. Aufgewachsen in einer Hotelierfamilie in Bad Gastein, war sie dem Plan, später einmal ein Hotel zu führen, einige Zeit zunächst abgeneigt. „Meine Eltern haben ihr Leben ganz dem Hotel gewidmet. Einen ähnlichen Weg zu gehen war für mich nicht denkbar“, blickt sie zurück.

Als Wirtschaftsstudentin bekam sie dann das Angebot, das Hotel Auersperg der Großmutter weiterzuführen. Die Eltern von Bettina Wiesinger lebten damals im HAUS HIRT in Bad Gastein, dem Familienbetrieb, der heute von ihrer Schwester Evelyn Ikrath erfolgreich weitergeführt wird.

Die damals 24-Jährige stellte sich der Herausforderung, leitete fortan das Auersperg und studierte parallel dazu. Ein Pensum, das so nicht lange durchzuhalten war. Es folgte eine sechsmonatige Praktikums-Auszeit auf einer spanischen Permakultur-Farm, wo Bettina Wiesinger durch die Einfachheit, Nähe zur Natur und den körperlichen Einsatz wieder Klarheit finden konnte. Hier reifte der Entschluss in ihr, das Hotel weiterzuführen – aber anders.

Isabella Klien, holistische Organisationsberaterin, die Bettina Wiesinger bis heute begleitet, half dabei, eine Vision zu erarbeiten. Eine Vision, die dem Auersperg, im Herzen Salzburgs gelegen, bis heute ein ganz besonderes Gesicht verleiht.

Das Haus besteht zum einen aus der historischen Stadtvilla, die um 1892 von den Gebrüdern Ceconi erbaut und später originalgetreu restauriert und renoviert wurde. Hier befinden sich 23 Zimmer. Im benachbarten Hotelgebäude, das um 1900 erbaut und ursprünglich von den Großeltern privat bewohnt wurde, befinden sich 32 weitere Zimmer, die Lobby, der Frühstücksraum, die A* Bar & Lounge, der Petit Spa mit Dachterrasse und der Zugang zum schönen Hotelgarten.

„Ich habe einen Weg gefunden, das Haus so zu führen, dass es Freude macht“, erzählt Bettina Wiesinger.

Für sie war es der Weg einer starken Vision, die gemeinsam mit dem Team getragen wird. Diese Einstellung half ihr auch bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. 20 Jahre lang hatte sie zwei fixe Anwesenheitstage, an den anderen Tagen war sie zuhause bei ihrer Familie. Erst jetzt, wo die drei Söhne schon zum Teil erwachsen sind, verbringt sie wieder mehr Zeit im Hotel.

Oft ist hier auch ihr Mann Mark anzutreffen, der als Interior-Designer sein eigenes Unternehmen „Mark’s Plan“ gegründet hat. Ihm ist hier im Auersperg ein beeindruckendes Gesamtensemble gelungen: Alt und Neu, Tradition und Design so gekonnt vereint, sind die Komponenten dieser so wohltuenden Atmosphäre. Längst tragen alle Räumlichkeiten im Hotel seine Handschrift.

Bei der HOGAST ist das Auersperg seit fast 30 Jahren Mitglied. Bettina Wiesinger: „Was wir sehr schätzen, ist die gute Zusammenarbeit, die Rechnungslegung und das Bonifikationssystem, das es ermöglicht, dass uns ein Teil der jährlichen Einkaufssumme rückerstattet wird. Auch wenn Unterstützung benötigt wird bei der Suche nach neuen Lieferanten, ist auf Einkaufsmanager Georg Baronigg und die Kollegen vom Innendienst Verlass.“ Die Hotelchefin schätzt ebenso die Möglichkeit, bei HOGAST-Events wie dem Symposium und dem Powertag Kontakte zu knüpfen und spannende Vorträge der Speaker zu verfolgen.

Wenn die Gäste von einem Haus für die Seele sprechen, dann ist das für Bettina Wiesinger das größte Kompliment. Für viele Gäste sei das Auersperg eine Oase. Ein Ort, den auch sie wieder gestärkt verlassen.

Titelbild: Hotel Villa Auersperg
Text: Nicole Beuther

10. Juni 2024