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Besucherlenkung könnte entscheidend werden

Salzburg Research hat vier Trends in der touristischen Mobilität speziell in ländlichen Ferienregionen wie dem Alpenraum definiert. Sie führen zu Herausforderungen und Konflikten. Ein nachhaltiges Destinationsmanagement muss Antworten auf diese Trends finden. Ein wichtiges Tool dafür könnte eine smarte Besucherlenkung sein.

Trend 1: Tagesausflüge und Kurzzeitaufenthalte

Tagesausflüge steigen. Aus Tourismusanbietersicht könnten man sagen: Nehmen wir gerne, Kleinvieh macht auch Mist. Es fallen zwar keine Übernachtungen an, aber der oder die Touristin (Ausflüglerin) gibt auch Geld aus: für Essen, Trinken, Souvenirs, geführte Touren, Eintritte, Spontaneinkäufe. Aber so einfach ist es leider nicht.

Herausforderungen aus Tagesausflügen und Kurzzeitaufenthalten im Städtetourismus:

  • Ursprünglich hätte der Tagesgast vielleicht übernachten wollen/können – warum tut er es nicht? Passt das Angebot nicht?
  • Übers Jahr betrachtet kommen mehr Gäste als es Bewohner gibt.
  • Die Menschenmassen konsumieren nur beschränkt vor Ort. Es profitiert vor allem der Detailhandel in Form von Souvenirs, weniger aber die Beherbergung und Gastronomie.
  • Probleme bei der Infrastruktur: Parkplätze, Haltemöglichkeiten für Busse, Durchreiseverkehr
  • Die Städte sind am Tag mitunter überlaufen mit starken Ansammlungen vor Sehenswürdigkeiten (Wiener Stephansdom, Schloss Schönbrunn, Goldenes Dachl, Getreidegasse)
  • Auch alltägliche Orte werden zu Sehenswürdigkeiten, die darauf aber in keinster Weise vorbereitet sind. (Problem Instagram-Hype).
  • Sehenswürdigkeiten sowie An- und Abreisewege sind in typischen Zeitfenstern überlastet.
  • Einheimische werden von den Touristen zum Teil im alltäglichen Leben behindert (das Hallstätter Phänomen, auch aus Salzburg, Innsbruck oder der Wiener Innenstadt bekannt).

Lösungsmöglichkeit:

Bessere Verteilung der Touristen durch eine bessere Anbindung der umliegenden Sehenswürdigkeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder wenn andere Stadtteile für Touristen attraktiver gestaltet werden. Zum Beispiel für Wien: Es gibt noch andere schöne Schlösser als Schönbrunn – das muss man aber auch den Tagestouristen kommunizieren und sie dann für sie einfach dorthin transportieren: Schloss Belvedere oder Schloss Hof in Niederösterreich mit günstigem Shuttle. Organisatorisch nicht einfach umzusetzen. Werbetafeln an der Autobahn werden nicht reichen – können aber dazu beitragen.

Trend 2: Besuch von Naturräumen

Ein Ausflug ins Grüne ist nichts Neues, hat aber während der Coronakrise zugenommen, weil es erlaubt war und alles andere eher geschlossen hatte. Im Internet findet man inzwischen viele Angebote, die auf diesen Trend abzielen und Naturhotels oder Ferienhäuser off the beaten path anbieten. Die Natur ist aber kein Vergnügungspark, sondern ein sehr empfindliches Ökosystem, weshalb es in vielen Regionen immer wieder zu Problemen kommt, und es eine Herausforderung ist Reisende und Natur in Einklang zu bringen. Davon können Bergbauern bei der Pflege ihre Almen ein Lied singen: Sie werden von erholungssuchenden Touristen immer wieder als Störenfriede gesehen und sogar beschimpft. Umgekehrt leider auch. Ein schwer zu lösender Konflikt von widerstrebenden, aber von einander abhängiger Interessen. Ohne Bauern keine Almen, ohne Touristen weniger Verdienst in den Bergtälern.

Herausforderungen aus dem Besuch von Naturräumen:

  • Auch hier schlägt der Instagram-Hype zu. Gerade am Land sind die Orte oft nicht auf einen solch schlagartigen Ansturm ausgelegt.
  • Die Natur leidet. Sie wird durch Unwissenheit beschädigt oder auch durch den aus Faulheit zurückgelassenen Müll verunreinigt.
  • Interessenskonflikt zwischen Naturschutz und Tourismus.
  • Auch inoffizielle Wege werden in Internet beschrieben, in sozialen Netzwerken beworben und von Ortsunkundigen aufgesucht, Flora und Fauna wird dadurch stark beeinträchtigt.

Lösung:

Besuchermanagment! Hier muss man klare Regeln definieren: Wer darf was wann und wo. Aufklärung tut Not. Man muss den herzlich willkommenen Flachländer immer wieder darauf hinweisen, dass im alpinen Raum andere Regeln gelten. Das kann man dämlich bevormundend tun oder eben charmant kreativ (siehe weiter unten). Hier ist das Destinationsmanagament gefragt – und auch der Hotelier.

Trend 3: Individualisierte Übernachtungsmobilität

Camping war schon vor Corona ein Urlaubstrend, vor allem seit das altbekannte Campen mit luxuriösen Features aufgewertet wird: Glamping bietet Baumhäuser, moderne Hightech-Wohnmobile und vieles mehr. Auch das „wilde“ Campen auf Privatgrundstücken wird mittels kluger Apps, die solche Plätze vermittlen, immer beliebter.

Auch die Ausstattung der Campingplätze hat sich stark verändert. Es gibt immer mehr Plätze, die an Kurorte oder Thermalbäder angebunden sind oder sogar einen eigenen Wellnessbereich exklusiv für die Campinggäste anbieten.

Herausforderungen aus der individualisierten Übernachtungsmobilität:

  • Viele Stellplätze sind bereits Monate davor ausgebucht.
  • Die teils fehlende Digitalisierung macht Interventionsmaßnahmen zur Lenkung der Reisenden im Campingbereich schwieriger.
  • Wildcamping wird notgedrungen zur Option, obwohl meist verboten. Es fehlt an Infrastruktur und führt zur Verschmutzung durch Fäkalien. Das Ökosystem wird gestört.
  • Störfaktoren durch Lagerfeuer, Lärm o.ä.
  • Durch die fehlenden Kenntnisse über den Naturraum, welcher bei der Reise besucht wird, wissen viele Gäste auch nicht, wie man sich verhalten sollte.
  • Ein weiteres Problem bringt die Müllentsorgung mit sich.
  • Nutzungskonflikte der Landschaft entstehen.

Lösung:

Besucherlenkung! Und Digitalisierung! Anbieter wie Campkit oder Camping Digital bieten für bestehende Campingplätze digitale Lösungen. Für Camper, die einen freien Stellplatz suchen, gibt es z.B. die „Vista Point“ Camping App oder die Homepage pincamp. Auch die Ausflugsapp Komoot bietet kurzfristig Übernachtungsmöglichkeiten – das kann auch mal ein Zelt am Bauernhof sein.

Trend 4: Anreise im motorisierten Individualverkehr

Es bleibt dabei: Am liebsten fährt der Österreicher oder Deutsche mit dem Auto in die Ferien. Die Gründe sind naheliegend: Man kann mehr Gepäck mitnehmen, besonders wichtig beim Skiurlaub. Man ist vor Ort mobiler, gerade in abgelegenen Urlaubsregionen. Und man ist nicht von notorisch verspäteten Zügen abhängig. Dieser Trend hat sich natürlich während der Pandemie noch verstärkt. In Deutschland hat das 9-Euro-Ticket kurzzeitig für einen Gegentrend gesorgt – zumindest bei Ausflüglern und Kurzzeitreisenden. Aber noch ist kein Nachfolgemodell gefunden, es wird aber kommen. In Österreich besteht wohl eher das Problem, dass die meisten nicht wissen, wie bequem und günstig mit einer Vorteilscard das Angebot der ÖBB sein kann.

Ökologisch macht das Zugreisen und vor allem das Busreisen natürlich Sinn. Aber die Probleme der Mobilität ohne eigenes Auto vor Ort bleiben. Auch das Transportproblem von Gepäck und Sportausrüstung scheint noch weitgehend ungelöst.

Herausforderungen aus der Anreise im motorisierten Individualverkehr:

  • Bei Urlaubsreisen stellt der Transport von Passagieren und Gepäck die größte Klimabelastung dar. Bei der An- und Abreise werden zwischen 50 und 80 Prozent des CO₂-Ausstoßes des gesamten Urlaubs verursacht.
  • Zunahme des Individualverkehrs auf der Straße
  • Zunahme des Parkplatz-Suchverkehrs

Lösungen:

Strukturen für eine nachhaltige Mobilität schaffen und Anbindungen verbessern. Der Ausbau der Konnektivität im öffentlichen Verkehr steht dabei vor allem in ländlichen Gebieten im Vordergrund. Wenn Transportsysteme gut aneinander angepasst sind und möglichst reibungslos funktionieren, werden nachhaltige Mobilitätslösungen attraktiver für Reisende und Einheimische – siehe das Vorzeigebeispiel Schweiz, wo man seit Jahren mit dem ÖPNV bis ins hinterste Tal kommt – ohne endlose Wartezeiten in Kauf nehmen zu müssen.

Aber so etwas kostet Geld. Und so etwas wird sich auch erstmal ökonomisch nicht tragen. So etwas muss man also wollen und umsetzen (können).

Im gesamten Alpenraum gibt es inzwischen viele Orte, die sich für eine nachhaltige Mobilität im Tourismus einsetzen. Wichtige Voraussetzung sind dabei für die Reisenden, dass der Ort eine gut angebundene Bahnstation besitzt und viele Unterkünfte, von denen das Ortszentrum fußläufig zu erreichen ist. Oder wenn sich Hoteliers zusammentun, um einen Shuttleservice anzubieten.

Die Mobilität vor Ort kann man dann mit Ski- und Wanderbussen, Elektroautos oder Elektrofahrrädern – oder -rollern bewältigen. Über solche Angebote muss man aber ständig und frühzeitig informieren – am besten schon proaktiv bei der Buchung. Jetzt ist es auf den ganz überwiegenden Webpages noch so, dass zuerst die Anreise mit dem Auto (womöglich sogar mit dem Flugzeug) erklärt wird und erst dann, wenn überhaupt, die mit der Bahn. Das müsste künftig umgekehrt sein. Man könnte sogar die Anreise ohne Auto in irgendeiner Form honorieren – durch ein Zuckerl des Tourismusverbands, vergünstigte Skipässe, Eintritte usw.

Best-Practice-Beispiele aus der Alpenregion:

Markus Lassnig, Senior Researcher und Consultant im Forschungsbereich InnovationLab., ist Mitautor des Buches von SalzburgResearch „Nachhaltige Besucherstromlenkung im Alpenraum“. Dort findet man konkrete Use-Cases in Wagrain-Kleinarl, in der Wolfgangseeregion und im Berchtesgadener Land sowie zahlreiche innovative Interventionsmöglichkeiten für nachhaltige Besucherstromlenkung, basierend auf einer Systematik, die bei der Salzburg Research Forschungsgesellschaft entwickelt wurde.

Im Kleinartal wurde zum Beispiel eine Mobiltätsanalyse zum Ist-Zustand durchgeführt: Sie bezieht sich auf die Sommersaison 2020 und 2021, in denen jeweils exemplarisch wochenweise Mobilfunkdaten ausgewertet wurden. Dabei wurde festgestellt, dass sehr viele touristische Anreisen aus der näheren Umgebung erfolgten. Und dann vor allem aus Salzburg. Eine ähnliche Analyse machte man dann für die Wintermonate. Hier stellte sich heraus, dass im Winter die Zahl der Tagesbesucher noch höher liegt als im Sommer.

Auch die Wolfgangseeregion hat eine Mobiltätsanalyse durchgeführt und wenig überraschend erst einmal festgestellt, dass im Sommer wesentlich mehr Gäste kommen als im Winter – und wie auch in Kleinarl bevorzugt am Wochenende. Die meisten Anreisen kamen aus Gmunden und Vöcklabruck, der Stadt Salzburg und aus der unmittelbaren Region. Interessant: Der meiste Verkehr wird von Übernachtungsgästen verursacht – mehr als doppelt so viel wie Tagesausflügler.

Was kann eine Besucherstromlenkung leisten?

Man kann Dinge verbieten und strafen oder finanzielle Anreize schaffen. Das nennt man „harte“ Maßnahmen. Man kann aber auch „weiche“ Methoden anwenden, um das Verhalten der Touristen zu verändern.
Zu Letzterem zählt das Nudging: Damit lenkt man Menschen psychologisch geschickter als durch Strafandrohung in die gewünschte Richtung. Indem man es ihnen selbst überlässt, wie sie sich entscheiden. Man belohnt nur ein bestimmtes Verhalten. Oder man ändert die Umgebung, um das gewünschte Verhalten zu unterstützen und das unerwünschte zu erschweren (so genannte Defaults). Will man in einem Büro Papier sparen, stellt man beim Drucker das Drucken von einfachen Seiten auf Doppelseiten um. Um das zu ändern, müsste der jeweils Druckende schon sehr aktiv werden. Aus Faulheit wird er künftig alles doppelseitig drucken.

Bekanntes Nudging im Tourismus ist der berühmte Hinweis in den Zimmern, dass man sein Handtuch auf den Boden werfen soll, wenn man ein frisches bekommen möchte.

Ein Default im Tourismus, das schon angewandt, aber noch ausgebaut werden könnte, wäre das preisdynamische Ticketing: Wer zu Randzeiten Ski fährt oder Sehenswürdigkeiten besucht, bekommt einen günstigeren Preis.

Die Grafik zeigt die Vielzahl an Interventionsmöglichkeiten im Tourismus zur Besucherlenkung.

Man muss dabei beachten, welches Ziel man verfolgt, rät Markus Lassnig:
Möchte man in die zeitliche Verteilung eingreifen? (Beispiel Skipass)
Möchte man in die räumliche Verteilung eingreifen? (Beispiel Schloss Hof statt Schloss Schönbrunn)
Oder möchte man den Zugang generell einschränken? (Beispiel Zufahrtsverbote für Busse in Wien, Anlegeverbote oder radikal verteuerte Anlegegebühren für Kreuzfahrtschiffe wie in Venedig)

Diese Maßnahmen kann man mithilfe des Marketings (auch des Demarketings: von Besuchen zu bestimmten Zeiten gezielt abraten), des Preises (Dynamic Pricing, Besuche ausschließlich mit Vorbuchungen erlauben und die kann man steuern), glatter Verbote, Appelle oder der Psychologie (Nudging: Man kann den Gast darauf hinweisen, dass andere seiner Altersgruppe/Zielgruppe zu bestimmten Zeiten oder an anderen Orten bessere Erfahrungen gemacht haben) setzen. Die Insel Palau ruft ihre Gäste aktiv zu einem Umdenken in ihrem Verhalten auf. Jeder, der die Insel betreten will, muss ein sogenanntes „Pledge“, eine Selbstverpflichtung unterschreiben. Auch Island setzt ähnliche Maßnahmen.
Auch die Technologie kann hier ganz entscheidend helfen, zum Beispiel mit Hinweisen auf Apps, wann welcher Skilift oder welches Museum besonders lange Warteschlangen hat. Google bietet so etwas schon an – aber nicht in Echtzeit.

Man kann Besuchern virtuelle Erlebnisse statt analoge in überfüllten Destinationen/Museen anbieten. Man kann eine App anbieten, in der Einheimische ihre persönlichen Tipps abseits der üblichen Trampelpfade angeben. Helsinki tut das. Oder man schafft einfach selbst neue Attraktionen. Beispiel Amsterdam: Der Strand von Zandvoort wurde in „Amsterdam Beach“ umbenannt und die Gültigkeit der touristischen Öffi-Tickets bis dorthin verlängert.

Gamification: Besonders geeignet für jüngere Generationen. Mit spielerischen digitalen Angeboten das gewünschte Verhalten belohnen. Wer weniger oft besuchte Sehenswürdigkeiten besucht, kann dort Punkte sammeln, die er dann bei der Touristeninformation gegen kleine Geschenke oder einen Cafégutschein eintauschen kann.

„Härtere“ Maßnahmen führt Florenz vor: Dort werden die Stufen vor einer Kirche regelmäßig nass gespritzt, um Gäste davon abzuhalten, dort zu sitzen und zu essen oder zu trinken.

Titelbild: Pixabay
Grafik: Nachhaltige Besucherlenkung im Alpenraum (Salzburg Research)
Text: Thomas Askan Vierich
13. Oktober 2022
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