ChatGPT – also KI-generierter Content in Wort und Bild, schriftlich oder mündlich, als Foto oder als Video – ist kein Hype. Das wird bleiben und unsere Kommunikationswelt revolutionieren, zum Guten und zum Schlechten. Was am Ende überwiegt, bleibt abzuwarten. Noch steht uns nur eine Beta-Version zur Verfügung. Aber das wird sich bald ändern. Was ChatGPT (und konkurrierende Produkte mit der gleichen Technologie dahinter) für den Tourismus bringt, soll in diesem Artikel erklärt werden (der noch nicht von ChatGPT verfasst wurde). Thomas Askan Vierich hat an einer langen Sitzung der Berater von Realizing Progress mit Alexander Mirschel, Günter Exel und Roland Trebo teilgenommen und sich auch sonst zu ChatGPT schlau gemacht.
ChatGPT ist die bekannteste Oberfläche für GPT: Generative Pre-trained Transformer. Das ist ein KI-generierter Chatbot. ChatGPT wurde vom US-amerikanischen Unternehmen OpenAI entwickelt und im November 2022 erstmals in einer kommerziellen Version vorgestellt. Momentan gibt es die Version GPT-3.5, die aber immer noch eine Betaversion ist. Das Programm kann grundsätzlich aufgrund von Machine Learning das nächste Wort in einem Satz vorhersagen. Das Wort kann aus verschiedenen Quellen stammen: Webpages, sozialen Medien, Wikipedia, digitalisierte Texte usw.
Momentan ist ChatGPT noch nicht live an das Internet angebunden, kann also nur auf ältere Datenbanken zurückgreifen. Von denen sind die neuesten von 2021, was schon zu diversen absurden Fehlern geführt hat: In Testläufen lebte noch die Queen und der österreichische Bundeskanzler hieß Sebastian Kurz. Trotzdem haben sich bereits in den ersten fünf Tagen eine Million Nutzer angemeldet, im Jänner waren es schon über 100 Millionen Nutzer weltweit. Kein Wunder, dass das Unternehmen aktuell mit 29 Milliarden Dollar bewertet wird. Das Programm ist grundsätzlich gratis, es gibt aber auch eine kostenpflichtige Premium-Version: ChatGPT Professional, die sich aber noch im „experimentellen“ Status befindet.
Mittlerweile gibt es schon Mitbewerber. Microsoft ist eine Partnerschaft mit OpenAI eingegangen und man entwickelt zusammen Azure für Microsofts Suchmaschine Bing. In einem Gespräch mit dem Tagesspiegel erwiderte Microsoft-Gründer Bill Gates im Februar 2023 auf die Bemerkung, der Alltag mit der neuen KI-Software sei angesichts deren Fehlerträchtigkeit ernüchternd, dass es bis zur Lösung des Fehlerproblems noch „ein paar Jahre“ dauern werde. Es gebe aber keinen Weg zurück. „Die Milliarden, die in den Software- und Digitalunternehmen in diese Entwicklung fließen, sind größer als die Forschungsetats von Regierungen.“
Zudem will Microsoft eine kostenpflichtige Version von Teams anbieten, in der ChatGPT z.B. Zusammenfassungen von Besprechungen erstellt oder Aufgaben empfiehlt. Die gesamte MS Suite soll demnächst mit ChatGPT ausgestattet werden. Opera bietet mittels GPT eine Zusammenfassung von Texten an, daran arbeitet auch Chrome. Es gibt auch Bild-KI: Dalle-E ebenfalls von OpenAI, Midjourney AI und Bluewillow AI. Für Programmierer wird Vergleichbares wie Codex und Copilot angeboten. Google ist mit seiner Chat-KI BARD auf den Zug aufgesprungen – und hat den Wettbewerbsvorteil, dass Google anders als OpenAI über sehr viele Userdaten verfügt. jasper.ai ist die edlere Version von ChatGPT – funktioniert aber grundsätzlich ähnlich.
Der Kolumnist Sascha Lobo hielt Anfang Dezember 2022 ChatGPT für einen Durchbruch und befürchtete, dass es eine Flut an schwer erkennbarem „KI-Quatsch“ im Internet auslösen werde.
In dem Webinar von Realizing Progress hatten von 400 Teilnehmern schon jeder Fünfte ChatGPT ausprobiert und es sogar regelmäßig im Einsatz. Experten gehen davon aus, dass es in den nächsten drei Jahren für 65 Prozent aller User selbstverständlich werden wird, ChatGPT oder ähnliche Anwendungen zu verwenden. Deswegen sagt Roland Trebo von Realizing Progress: „Das ist mehr als ein Hype, mehr als Crypto oder Metaverse. Mit ChatGPT haben wir jetzt eine Lösung für viele konkrete Probleme, das kann viele Prozesse vereinfachen und wird deshalb in die breite Masse gehen.“
Und es gibt schon erste Anwendungen im österreichischen Tourismus: Der TVB Wagrain-Kleinarl hat einen AI-Concierge vorgestellt, der mehrsprachig auf Basis von GPT3 arbeitet. Er greift dabei auf Website-Infos des TVB zurück. Der Wörthersee-Tourismus hat eine Werbekampagne auf Basis von GPT generiert, die allerdings ausschaut wie eine schlechte Fantasy Animation aus den 1980ern (vielleicht Absicht?). Das bayerische Ruhpolding hat ein Recruiting Video mit Avatar „Kathi“ online gestellt: Das wirkt wie ein schlechter Zeichentrickfilm und hat in den sozialen Netzwerken viel Hohn und Spott ausgelöst. Viele finden Kathi „gruselig“.
Alexander Mirschel von Realizing Progress ist ebenfalls zwiegespalten: „Dafür, zu entscheiden, ob das wirklich etwas taugt, ist es noch zu früh. Aber der Chatbot kann und könnte gute Dienste leisten, sowohl B2B wie B2C. Der funktioniert auch am Sonntagabend.“ Er rät, nicht in Aktionismus zu verfallen, aber man könnte damit ineffiziente Prozesse vereinfachen. Aber eben nicht nur damit. Günter Exel von Realizing Progress hat ChatGPT schon ausführlich getestet. Er sagt: „KI wird den Prozess der Kreation verändern, z.B. für Instastorys, das geht ganz einfach. Chatbots sind wichtig, dürfen aber nicht nur auf die eigene Website verlinken wie in Kleinarl, sondern die Daten direkt übermitteln.“
Bei ChatGPT kann der User grundsätzlich Fragen (Prompts) stellen und bekommt ziemlich detaillierte Antworten – je detaillierter und zielgerichteter der Prompt ist, desto besser wird das Ergebnis. Das lässt sich zum Beispiel sehr gut bei der Urlaubssuche einsetzen – oder umgekehrt vom Touristiker für Kundenanfragen. Das Programm gibt auch Tipps, wie man einen Blogartikel aufbauen könnte. Mein Auftraggeber bei der HOGAST hat mir live am Bildschirm gezeigt, wie er sich beim Erstellen eines Newsletter von der KI, die in sein Newsletterprogramm integriert ist, eine Betreffzeile formulieren lässt. Er war ganz begeistert: „Das könnte kein Journalist besser!“ Mmh, dachte ich, keine guten Nachrichten für unsere Zunft. ChatGPT erstellt auch ganze Artikel – in der jeweils gewünschten Tonart. Man bekommt einen fixfertigen Text, den man dann händisch noch überarbeiten kann. Allerdings war Günter Exel mit den Ergebnissen nicht zufrieden: „Am Ende habe ich den Text so geschrieben, wie ich das schon seit dreißig Jahren mache: Habe meine Aufzeichnungen studiert, daraus erste Textbausteine generiert, die umgruppiert, mit Zitaten angereichert. Am Ende habe ich eine schwungvolle, leicht ironische Einleitung geschrieben, die mir ChatGPT nicht geliefert hatte. ChatGPT ist nicht ironiefähig und arbeitet nicht kontextual.“
Im zweiten Teil des Artikels möchte Thomas Askan Vierich noch ein wenig mehr in die Tiefe gehen.
Interview: Thomas Askan Vierich
Titelbild: Galeanu Mihai/iStock
9. März 2023
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