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New Work als besondere Herausforderung

Im ersten Teil seiner Analyse der Herausforderungen im Tourismus und der Ausbildungssituation in Österreich hat Thomas Askan Vierich dargestellt, dass Österreich im Bereich der tertiären Ausbildung im internationalen Vergleich hinter der Schweiz deutlich zurückfällt. Der Tourismusscout hat kurz angerissen, dass Megatrends wie Digitalisierung, New Work, demographische Entwicklungen oder ein neues Qualifikationsbewusstsein der Gäste den Tourismus vor neue Herausforderungen stellt, auf die er nur mit besser ausgebildeten MitarbeiterInnen positiv reagieren kann.

Das sagt die Studie des AMS: Der größte Teil der Beschäftigten im Gastronomie- und Beherbergungsbereich, nämlich 61,1 Prozent, ist im Jahr 2019 zwischen 25 und 50 Jahre alt. Dies entspricht auch der größten Altersgruppe in der Beschäftigung der Gesamtwirtschaft. Mit Blick auf die längerfristige Entwicklung der Jahre von 2010 bis 2019/2021 zeigt sich allerdings, dass in diesem Zeitraum der Anteil der jüngeren ArbeitnehmerInnen (unter 25 Jahre) deutlich zurückgegangen ist. Waren 2010 mit 23,9 Prozent noch fast ein Viertel der MitarbeiterInnen unter 25 Jahren, sind es 2019 nur noch 18,3 Prozent.

Es kommt noch schlimmer: Besonders deutlich zeigt sich diese Entwicklung bei der Altersgruppe der unter 19-jährigen, also jenen ArbeitnehmerInnen, die gerade erst in die Branche einsteigen, meist nach Abschluss einer einschlägigen Lehrausbildung oder Schule. Ihr Anteil hat sich von 9,7 Prozent im Jahr 2010 auf 4,7 Prozent im Jahr 2019 um rund die Hälfte reduziert! „Neben der demographischen Entwicklung sind die Ursachen für diese Verschiebung insbesondere in strukturellen Herausforderungen der Gastronomie und Beherbergung zu suchen“, schreiben die AutorInnen der AMS-Studie.

Qualifikationsniveau steigt

Ein Blick auf die verschiedenen Ausbildungsniveaus der Beschäftigten der Gastronomie und Beherbergung zeigt beim längerfristigen Vergleich der Jahre 2010 bis 2019 eine deutliche Tendenz in Richtung höherer Qualifikationsniveaus. Hatten 2010 noch 26,9 Prozent der Beschäftigten in der Beherbergung und 28,8 Prozent in der Gastronomie keinen höheren Abschluss als Pflichtschule, sanken diese Werte bis zum Jahr 2019 in der Beherbergung auf 19,4 Prozent und in der Gastronomie auf 25,5 Prozent – Tendenz steigend.

Der Anteil der ArbeitnehmerInnen mit einem Abschluss einer höheren Schule ist in der Beherbergung und Gastronomie von 14,7 Prozent im Jahr 2010 auf 20,0 Prozent im Jahr 2019 gestiegen, wobei die Anstiege sowohl in der Beherbergung als auch in der Gastronomie in etwa im gleichen Ausmaß zu beobachten sind. Qualifikationen von Universitäten und Fachhochschulen gewinnen – in Absolutzahlen allerdings auf niedrigerem Niveau (siehe der Vergleich mit der Schweiz in Teil 1 dieses Artikels) – immer mehr an Bedeutung.

Immerhin kann Gerold Royda bei den Lehrlingen ein paar hoffnungsvolle aktuelle Zahlen aus der Hospitality-Branche präsentieren: Aktuell habe man zwar im 1. Lehrjahr einen Rückgang zu verzeichnen, insgesamt steige aber die Zahl der Lehrlinge, besonders beim Hotel- und Restaurantfachmann (PLUS 26 Prozent) – das sei deutlich mehr als zum Beispiel im Handel, die einen Rückgang zu verzeichnen haben. Den Grund darin sieht Royda, dass es weniger Abbrecher gebe.

Dennoch hätte er gerne mehr Lehrlinge als die derzeit 2201. Koch oder Kellner sei aber leider kein Beruf für jedermann und jederfrau. „Den Job muss man leben. Gastfreundschaft muss aus dem Herzen kommen!“ Und da hülfen auch keine teure Imagekampagnen. Leider mache er die Erfahrung, dass die jungen Leute nicht sehr belastbar seien. Ein kritisches Wort vom Gast, und sie laufen davon. „Das muss man in diesem Job aber aushalten können“, sagt Royda. „Dieses direkte Feedback ist ja auch das Schöne an unserem Beruf.“ Und wenn man eine Lehre in der Gastronomie oder Hotellerie anfange, weil die Eltern das wollen oder weil man nichts anderes gefunden hat, dann werde man die Lehre mit hoher Wahrscheinlichkeit abbrechen. Schlecht für die Statistik.

Und wie und wo wird im Bereich Informatik und Künstlicher Intelligenz ausgebildet?

Wenn man sich die Stundentafeln einschlägiger Tourismusschulen ansieht, trifft man auf dieses Angebot: Im dreijährigen Aufbaulehrgang der Tourismusschulen Am Wilden Kaiser gibt es bei den Pflichtgegenständen einmal (!) im ersten Jahr eine Stunde „Desktop-Publishing“ (was immer man sich 2023/24 darunter vorzustellen hat….) – aber in jedem Semester zwei Stunden Religion. In der dreijährigen Hotelfachschule werden neben zwei Stunden Religion immerhin auch zwei Stunden „Office Management und angewandte Informatik“ angeboten – aber das dürfte jenseits das Erlernens von Word und Powerpoint kaum an KI oder auch nur das Bedienen oder gar Programmieren irgendwelcher avancierter Softwareprogramme heranreichen. An der Höheren Bundeslehranstalt für Tourismus werden zwei Stunden „Angewandtes Informationsmanagement“ geboten und als Freigegenstand „IT Vorwissenschaftliches Arbeiten“. Was immer sich dahinter verbirgt, nach angewandter Künstlicher Intelligenz klingt auch das nicht.

Ähnlich bis genauso sieht es an den anderen Tourismusschulen aus. Am WiFi-Wien gibt es immerhin unter IT-Management einen Einführungskurs „Maschinelles Lernen mit Python, Tensorflow und Keras“. Natürlich ohne Bezug auf Tourismus. Man kann dort IT-Management studieren, z.B. „Designing Digital Business“. Das viersemestrige Masterstudium geht aber wiederum über das, was man in einem touristischen Betrieb wirklich braucht, weit hinaus. Und umgekehrt scheint es eher unwahrscheinlich, dass ein junger Mensch mit diesem Masterabschluss ausgerechnet im Tourismus arbeiten wird. Wo anders wird er oder sie vermutlich wesentlich besser verdienen.

Rückläufige Zahlen beim Nachwuchs

Die AMS-Studie belegt zudem, dass auch die Zahl der SchülerInnen an den Höheren Lehranstalten für Tourismus im Vergleichszeitraum rückläufig war (mit Ausnahme des Jahres 2020), ebenso wie an den Hotelfachschulen und Gastgewerbe(-fach-)schulen, in letzteren sogar stärker als in der dualen Ausbildung (2010–2020: MINUS 53 Prozent!!).

Zwischen 2010 und 2021 sank die Zahl der Lehrlinge im österreichischen Tourismus insgesamt um 45 Prozent! Der Anteil der Lehrlinge in der Tourismus- und Freizeitwirtschaft an den Gesamtlehrlingen reduzierte sich in diesem Zeitraum um vier Prozentpunkte.

New Work und junge Generation

Eine besondere Herausforderung für die Tourismusbranche ist in der Wechselwirkung der Megatrends „Demographischer Wandel“ und „New Work“ zu sehen. Hier sieht sich die Tourismus- und Freizeitwirtschaft u.  a. aufgrund des demographischen Wandels mit einem zunehmenden Fachkräftemangel bzw. Arbeitskräftemangel konfrontiert. Strategien zur Bewältigung dieser Herausforderung werden häufig in der Veränderung der Arbeitskultur, Arbeitsformen und Arbeitsbedingungen gesehen. So sieht das etwa der Direktor des Pörtschacher Parkhotels Christopher Zavodnik im Mai 2022 in den Salzburger Nachrichten: „Man muss die Infrastruktur schaffen und passende Arbeitszeitmodelle generieren, um heute up-to-date zu sein. Beispielsweise muss es möglich sein, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unserer Branche auch eine Fünftage-Woche haben und geregelt ihre Freizeit planen können (…). Das Thema ‚Fachkräftemangel‘ kann man nicht einfach wegdiskutieren. Da muss man schon aktiv umdenken.“

Ähnlich sieht Tourismusforscher Peter Zellmann die Tourismusbetriebe in der AMS-Studie in der Pflicht, neue Lehr- und Fachkräfte mit Arbeitsbedingungen zu locken, die den Erwartungen und Ansprüchen einer neuen Generation an MitarbeiterInnen besser entsprechen. Dieses Umdenken und die Erwartungen an die Arbeitswelt können unter dem Schlagwort „New Work“ zusammengefasst werden und betreffen dabei eine neue Ausgestaltung von Work-Life-Balance, Arbeitszeitmodellen, generelle Flexibilisierung von Arbeit, die Wahl verschiedener Arbeitsorte, aber letztlich auch die Werthaltung zur Arbeit und die Sinnfrage.

Wie Trendforscherin Anja Kirig in der AMS-Studie erklärt, zeigen jüngere Menschen dafür tendenziell mehr Bereitschaft: „Wir beobachten, dass sich die Ansprüche und Vorstellungen der jungen Menschen als Arbeitskräfte stark gewandelt haben. Es gibt eine größere Offenheit gegenüber neuen technologischen Möglichkeiten und eine größere Sensibilität gegenüber dem Klimawandel.“

Bei allen Überlegungen müsse im Auge behalten werden, dass das Arbeitskräftepotenzial aufgrund der demographischen Entwicklung insgesamt, also branchenunabhängig, nicht steigt und die optimale Nutzung der vorhandenen Potenziale immer wichtiger wird. Das betrifft einerseits die Entwicklung von Kompetenzen und Entfaltung der Fähigkeiten der Einzelnen und andererseits die Erschließung weiter, bislang nicht ausreichend erschlossener MitarbeiterInnenpotenziale und Potenziale für die Ausbildung. Dazu zählen laut AMS-Studie:

  • AbsolventInnen höherer Schulen (insbesondere AHS)
  • SchulabbrecherInnen / AusbildungswechslerInnen
  • WiedereinsteigerInnen
  • Ältere Menschen, die bislang nicht in Beschäftigung sind
  • ZuwandererInnen
  • Menschen mit Einschränkungen
  • Geringqualifizierte

Lösungsmöglichkeiten

Um solche Zielgruppen besser in Ausbildung und Beschäftigung zu bringen, bedürfe es aber gezielter Programme zur Rekrutierung sowie Aus- und Weiterbildung, die gut auf die jeweilige Zielgruppe abgestimmt sind. Die Sicherung des Lebensunterhaltes bei Erwachsenen während Aus- und Weiterbildungsphasen, insbesondere, wenn diese eine Familie erhalten müssen, spielen dabei ebenso eine Rolle wie die flexible Anpassung von Arbeits- und Ausbildungszeiten an Betreuungspflichten, altersgerechte Gestaltung von Arbeitsplätzen und Tätigkeiten, Sprachlernen, die Anerkennung vorhandener Kompetenzen oder beispielsweise auch Konzepten zur Erhöhung der arbeits- und ausbildungsbezogenen überregionalen Mobilität.

Für viele dieser Herausforderungen gebe es laut AMS-Studie Lösungsansätze und Modelle einschließlich Förderstrukturen durch das AMS. Zu prüfen wäre, wo bzw. bei welchen potenziellen Zielgruppen größere Angebotslücken bestehen, wie die Informiertheit der betroffenen Betriebe und die Beteiligung der Betriebe an solchen Programmen erhöht werden kann und natürlich an welchen Schrauben gedreht werden muss, um die Tourismus- und Freizeitwirtschaft für die angeführten Zielgruppen attraktiv zu machen.

Generell müsse es der Branche darüber hinaus besser gelingen, die positiven Seiten einer Beschäftigung im Tourismus bei den Zielgruppen und in der Öffentlichkeit herauszuarbeiten. Folgende „hilfreiche“ Argumente zählen die AutorInnen der AMS-Studie „beispielhaft“ auf:

  • grundsätzlich vielfältige Möglichkeiten der flexiblen Arbeitszeitplanung und -gestaltung, die gut an individuelle Bedarfe angepasst werden kann
  • in vielen Berufen abwechslungsreiche Aufgabenbereiche
  • arbeiten für und mit Menschen
  • kommunikative, soziale Tätigkeiten
  • und gleichzeitig ProblemlöserIn in einem positiven Sinn
  • Arbeit in einem Umfeld, das einen wertvollen Beitrag für das Wohlbefinden und Glück vieler Menschen leistet
  • aber auch das Thema Nachhaltigkeit, dass vielen Menschen wichtig ist, könnte ein Attraktivitätsmerkmal für den Tourismus werden, wenn es gelingt Betriebe und Angebote entsprechend aufzustellen
  • obwohl grundsätzlich im Tourismus vielfältige Automatisierungsmöglichkeiten bestehen, sind viele Berufe und Tätigkeiten sehr menschenzentriert und gelten damit als gut geschützt vor Automatisierung
  • Beschäftigungsmöglichkeiten auf allen Qualifikationsniveaus mit der Möglichkeit sich höher zu qualifizieren
  • Tätigkeit / Ausbildung in einem internationalen Umfeld, das einerseits die Chance auf internationale Kontakte bietet und andererseits die Möglichkeit international Berufserfahrung zu sammeln.

Überbetriebliche Zusammenarbeit

Zudem formulieren die StudienautorInnen noch einen Wunsch: die Schaffung von dauerhaften österreichweiten Strukturen für die betriebsübergreifende Zusammenarbeit in der Aus- und Weiterbildung. Lockdowns und Kurzarbeit in der Corona-Pandemie hätten gezeigt, wie relativ anfällig die Branche für äußere Einflüsse ist und wie rasch die betriebliche Ausbildung in einzelnen Betrieben oder der ganzen Branche darunter leiden kann. Gleichzeitig habe sich gezeigt, dass Betriebe auch sehr kreativ im Finden von Lösungen und Ausbildungsalternativen sind. In Wien wurde mit dem Ausbildungsverbund Corona Wien ein flexibles Modell zur überbetrieblichen Zusammenarbeit und Fortführung der Ausbildung in Phasen von Betriebsschließung und Unterauslastungen eingerichtet.

Solche Zugänge und Modelle könnten unabhängig von der Corona-Pandemie die Fortführung von Ausbildungen innerhalb der Branche gewährleisten, wenn Betriebe in Schwierigkeiten geraten und die Ausbildung nicht fortsetzen können. Damit kann auch ein System verbunden werden, in dem Lehrlinge (lokal/regional) in neue Betriebe innerhalb der Branche vermittelt werden können und damit dem Tourismus erhalten bleiben. Damit kann nicht nur die Ausbildung sichergestellt, sondern überdies das Image der Tourismus- und Freizeitwirtschaft als krisensicherer Ausbildungssektor gefördert werden.

Dazu sagt Ausbildungsleiter Gerold Royda, man habe das während der Coronaepidemie angeboten. Als viele Betriebe geschlossen hatten, hatte er persönlich Betriebe gesucht, in denen Lehrlingen trotzdem ihre Ausbildung fortsetzen konnten. Besser gesagt: fortsetzen hätten können, Konjunktiv. Royda fand 48 Betriebe. Die Lehrlinge hätten aber zumindest unter der Woche umziehen müssen. Kein Einziger war dazu bereit. „Ich habe als 17-Jähriger am Arlberg gearbeitet, weit weg von zu Hause“, sagt Royda. Und seufzt.

Hier geht’s zu Teil 1!

Titelbild: shutterstock
Text: Thomas Askan Vierich
11. Januar 2024
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