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Wachstum kann nicht alles sein

Die Unternehmensberaterin Paula Brandt ist Keynote Speakerin auf dem HOGAST-Symposium 2022. Ein Gespräch über Karriereverläufe, Unternehmensführung und neue Chancen in der Krise. In ihrem neuen Buch „Why I Care“ stellt sie die Generation der Impact-Unternehmer vor, die Verantwortung übernimmt und der Wirtschaft neue Tiefe gibt.

Paula Brandt, die in Wirklichkeit anders heißt, ist Schleswig-Holsteinerin „mit Leib und Seele“, wie sie im Interview sagt, und lebt an der Küste und im Ruhrgebiet. Ihr Büro hat sie im Weltkulturerbe Zeche Zollverein in Essen. Ihre erste wichtige berufliche Station war Beraterin bei Mummert+Partner, einem europaweit agierenden Unternehmen aus Hamburg mit einem sehr visionären Chef, der in den 60er Jahren früh das Partnermodell bei sich im Unternehmen eingeführt hatte. „Die Beratung hat die gute alte hanseatische Kaufmannsehre personifiziert, sehr beeindruckend“, erinnert sich Brandt. „Bei Mummert+Partner stand Loyalität zu Kunden an erster Stelle.“

Weltweite Erfahrungen bei Microsoft

2007-13 arbeitete Paula Brandt für Microsoft in einer globalen Rolle, dem Topmanagement zugeordnet. Das war eine andere Welt – die Strukturen im weltweit agierenden Konzern waren sehr unterschiedlich zu der hanseatisch geprägten Beratung. Sie war hautnah an der weltweiten Unternehmensführung dran: „Es galten damals die gleichen Strukturen in allen Ländern, egal ob in Kalifornien oder Südkorea.“ Vermutlich durchaus vergleichbar mit der internationalen Kettenhotellerie.

Über ihre Erfahrungen mit Konzernkunden während und vor ihrer Microsoft-Zeit hat sie ein Buch geschrieben: „Mayday aus der Chefetage“ erschienen im Ariston-Verlag. Das Buch handelt von den Zwängen und dem Druck im Topmanagement und wie Menschen damit umgehen. Damals wie heute sagt sie: „Wachstumsfantasien wie ‘Wir wollen unseren Umsatz und Gewinn jedes Jahr um zig % steigern‘ – ohne Bezug zu den gesellschaftlichen Anforderungen – werden bald der Vergangenheit angehören.“ Sie sucht nach alternativen Ansätzen in ihrer Arbeit: „Ich schaue auf den einzelnen Menschen. Was kann er in unserem Wirtschaftssystem anders machen?“

Selbständigkeit und erstes Buch

Folgerichtig hat sie sich 2013 selbstständig gemacht und ist mit einem weiteren Kollegen von Microsoft bei der damaligen Ein-Mann-Firma Orange Networks GmbH eingestiegen. Sie konnten einen ersten großen Kunden von Microsoft mitnehmen. Nach drei intensiven Jahren beschäftigte das Unternehmen bereits rund 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Und Paula Brandt beschloss auszusteigen: „Ich wollte mein Ideal von einem alternativen Wirtschaften im Business weiter verfolgen.“ Sie wurde unter eigener Marke Unternehmer-Mentorin und Sparringspartnerin und hat ihr Pseudonym, das sie für ihr erstes Buch verwendet hatte, beibehalten. Damit setzt sie ihrer schleswig-holsteinischen Großmutter ein Denkmal: „Das war eine sehr willensstarke Frau, die sich nie hat korrumpieren lassen.“

Paula Brandt arbeitet heute mit Unternehmern und Unternehmerinnen zusammen, die profitables Wirtschaften und soziales Gewissen verbinden. Manche spenden Teile ihres Einkommens sozialen Zwecken und arbeiten zumindest teilweise gemeinwohlorientiert – durchaus auch mit patriarchalem Chef. Sie ist komplett aus der Konzernwelt ausgestiegen und berät jetzt Mittelständler. Meist wollen diese einen Impact machen und sich für die Zukunft aufstellen. Seit 2017 hat sie viele positive Erfahrungen bei ihrer Arbeit sammeln können.

Einer ihrer Kunden ist beispielsweise ein Maschinenbauingenieur alter Schule, 60+. „Er hat eine klare Vorstellung, wie die Zusammenarbeit im Unternehmen abzulaufen hat. Trotzdem wird er von seinen Mitarbeitern geliebt. Er ist ein Impact-Unternehmer, dem es um mehr geht als darum, die Umsätze zu steigern. In Notsituationen stellt er sich stets schützend vor seine Mitarbeiter.“

Wichtig sei immer, so Brandt: „Was halten wir für möglich?“ Das laufe oft unbewusst ab. „Wir halten vieles für gegeben, was es gar nicht ist.“ Es gebe viele Wege, die zum Erfolg führen. Sie müssten aber immer zum Unternehmen passen.

Impact-Unternehmen

Unter den inhabergeführten Impactunternehmen, die sie beraten hat, war zum Beispiel eine Unternehmerin, die Destillieranlagen für Lösemittel herstellt und damit einen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft leistet. „Dieses Unternehmen arbeitet so sinnstiftend, dass ein 35jähriger Mitarbeiter gesagt hat: ‚Hier will ich bis zur Rente bleiben.‘“ Ein weiterer Impact-Unternehmer stellt Verbandsmaterialien und Wundpflaster her und setzt sich in Projekten für sozial Schwächere ein. 20% der Gewinne werden regelmäßig gespendet.

Sie berät Unternehmer und Unternehmerinnen aus ganz verschiedenen Branchen, die aber alle eine gemeinsame Denkweise auszeichnet: „Sie brennen für ihre Sache, wollen mehr als Geld verdienen, Fußstapfen hinterlassen, ein Lebenswerk aufbauen. Viele gehen solche neuen Wege. Im Mittelpunkt für ihr Handeln stehen Ethik, Moral, soziale Verantwortung für Familie und Mitarbeiter, faires Miteinander sowie ökologisch sinnvolles Wirtschaften. Damit sind sie Vorbild für andere.

Es kommt diesen Unternehmern nicht auf den nächsten schnellen Euro an. Sie überlegen immer wieder neu, wie sie besseren Nutzen für Kunden, Mitarbeiter und die Gesellschaft stiften können. Gerade deswegen haben viele von ihnen ein hohes Einkommen. Denn wenn ein Unternehmer diese Haltung vorlebt, wirkt sich das auf Kunden und den Umsatz aus.“

Paula Brandt berät in ihrer Arbeit drei Typen von Impactunternehmen:

  • Impact-Starter: Denen verhilft sie oft zu den nötigen Finanzierungen, gerade wenn der Kapitalbedarf höher ist. Klassische Banken winken oft ab, selbst wenn diese Unternehmen schon Preise gewonnen haben. „Das ist nicht zu verstehen“, so Brandt. Aus diesem Grund arbeitet sie aktuell mit einem Partnerunternehmen aus dem Umfeld der RAG-Stiftung an ihrem neuesten Projekt: Einen Fonds aufzulegen, damit Mittelständler künftig direkt in solche Impact-Startups investieren können.
  • Grown Ups: Hier handelt es sich häufig um Familienunternehmen, die ein größeres Wachstum vor sich haben – allerdings kämpfen sie mit Wachstumsschmerzen. Prozesse müssen angepasst, neue Geschäftsfelder geplant, Führungspersonal muss gesucht werden. Oft wachsen sie sehr stark in kurzer Zeit. Hier arbeitet sie mit den Firmenchefs und den Führungskräften zusammen, damit diese das dann in ihren Abteilungen umsetzen können.
  • Impact Master: Diese Unternehmen sind langjährig am Markt und laufen bereits rund. Auf die Inhaber warten neue Herausforderungen: Wie kann sich der Chef, die Chefin mit Mitte 50 auch mal für längere Zeit ausklinken und loslassen, wie können sie über die eigene Firma hinaus noch größeren Impact erzielen, wie können sie eine Stiftung aufbauen, wie übergeben sie ihr Unternehmen an Nachfolger.

Frage: Wie kann einem Hotelier mit 40 Zimmern in mittelmäßiger Lage ohne finanzielle Polster geholfen werden, der sich Mitbewerbern nur noch mit ruinösem Preiskampf erwehren kann?
Antwort: „Wenn man kein Alleinstellungsmerkmal hat, wird es schwierig.“ Die Lösung: „Oft hilft, sich zusammensetzen und Ideen zu entwickeln: Wozu tust du das überhaupt? Ist eine Spezialisierung möglich?“ Meistens gehe es immer auch um die Persönlichkeit des Unternehmers, um dessen Leidenschaften.

Kann er diese vielleicht zu einem neuen Geschäftsmodell machen? Oft steckten gerade in solchen Leidenschaften Chancen für neues Geschäft. Was dem Unternehmer oft fehle, sei der Blick von außen, um sie in Geschäftsmodelle zu übersetzen, die am Markt funktionieren würden.

Brandt veranstaltet zweitägige Workshops zur Positionierung, um neue Zielgruppen zu finden, die Kommunikation vom Unternehmen neu zu planen, zusätzliche Vertriebskanäle anzudenken. Ergebnis sei immer eine Roadmap für die nachfolgende Umsetzung, die dann deutlich länger dauere. Da gehe es um eine intensive Zusammenarbeit mit dem Team. „Die Belegschaft muss mitziehen. Oft sind viele Emotionen im Spiel, die es einzufangen gilt. Lösungen sind immer individuell und müssen die Menschen abholen.“

Why I Care

In ihrem neuen Buch „Why I Care“ stellt sie auch die Frage, was eigentlich Erfolg ist: „Gerade die sehr Erfolgreichen fragen: ‚Was will ich eigentlich als Mensch erreichen? Bisher war ich nur Kopf, aber jetzt möchte ich meine innere Seite entdecken.“ In den ersten Jahren als Unternehmer gehe es um Begrenzung. „Wie wirst du größer? Wie findest du Kunden und richtige Mitarbeiter? Wie bekommst du finanzielle Reichweite? Wenn du das alles gelöst hast, bist du nach Auffassung vieler erfolgreich.“ Wirklich? Denn manchmal komme genau dann der Wunsch nach einer ganz anderen Tiefe – danach, persönlich zu wachsen.

Klar, das schaffe und wolle nicht jeder. Aber wer die Reise mache, könne zum Leuchtturm werden, weil die Firma zum sichtbaren Ausdruck des eigenen Grundantriebes werde. „Die spannendsten Unternehmerinnen und Unternehmer haben das geschafft und zeigen auf beeindruckende Weise, wie rund ihr Leben ist“, so Brandt.

Ihr Vortrag am Symposium wird sich um diese Impactunternehmer und -unternehmerinnen drehen, darum, wie sie erfolgreich wurden und was sie aus Krisen gelernt haben. Paula Brandt will Mut machen. „Viele gehen gerade in dieser Zeit voll ins Risiko und stecken viel Eigenkapital in ihr Unternehmen. Das bewundere ich. Aber die derzeitige Ungewissheit kann zermürben. Ich möchte ihnen Wege zeigen, wie sie sich auch in schwieriger Zeit wappnen.“

Auch Hoteliers werden davon profitieren…

Foto: Paula Brandt
Autor: Thomas Askan Vierich
15. September 2022
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